Der Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesstätte ist in Dresden nur noch bis 2016 gesichert. Wird im Doppelhaushalt 2015/16 nicht nachgebessert, fehlen schon 2017 rund 650 Plätze. Ein Jahr später steigt das Defizit sogar auf 2.440 Plätze.
- 370 Kindertagesstätten, davon 201 in freier Trägerschaft
- 50.693 Gesamtzahl Betreuungsplätze in Kita und Hort
- 31.017 Plätze in Kinderkrippen und Kindergärten
- 19.676 Hortplätze
- Mehrbedarf Investitionen 2015/16 – 17 Mio Euro
- Mehrbedarf Investitionen 2017/18 – 44,5 Mio Euro
Als Ursache nennt Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos) Kürzungen bei der Verabschiedung des Haushalts im Dezember 2014. „In den kommenden zwei Jahren fehlen 17 Millionen Euro“, sagte Seidel heute bei der Vorstellung des Fachplans Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege.
Fast 3.000 Plätze in Krippen und Kindergärten in 21 Objekten sind betroffen. Dabei gehe es um Sanierungen und Neubauten von Einrichtungen. Der Druck auf die Bereitsstellung von Betreuungsplätzen wächst auch durch die anhaltend hohen Geburtenzahlen und weitere Zuzüge junger Familien nach Dresden. Bekanntlich hatten die Statistiker 2014 die Wachstumsprognosen bei der Bevölkerung noch einmal deutlich nach oben korrigiert. Um den Zuwachs aufzufangen, müssten auch 2017/18 noch einmal 44,5 Millionen Euro investiert werden.
In Pieschen droht drastische Unterversorgung
Wie dramatisch die Situation werden kann, zeigt das Beispiel Pieschen. Der Investitionsbedarf ist hier besonders hoch. Die Einrichtungen in der Lommatzscher (300 Plätze) und in der Riesaer Straße (282 Plätze) müssen dringend saniert werden, sonst drohe hier die Schließung, erklärte Sabine Bibas, Leiterin des Eigenbetriebs Kindereinrichtungen. Am Trachenberger Platz ist ein Ersatzneubau für die noch aus DDR-Zeiten stammende Einrichtung erforderlich. Zwei weitere Neubauten mit rund 240 Plätze sind in der Planung. Ohne die entsprechenden Investitionen werden in drei Jahren allein in dem dynamisch wachsenden Ortsamtsbereich rund 1.000 Kita-Plätze fehlen. Statt der benötigten 3.900 stünden dann nur noch 2.900 zur Verfügung.
Tilo Kießling, der für die Linke im Jugendhilfeausschuss sitzt, kritisiert Seidel dafür, dass er die Verantwortung für fehlende Mittel an dem von Rot-Grün-Rot verabschiedeten Haushalt festmacht. „Bürgermeister Seidel konnte für eine zentrale Aufgabe seines Hauses augenscheinlich nicht genug Geld organisieren. Dass er in der Verwaltungsspitze offenbar auf Granit biss, spricht Bände über das Innenverhältnis von Verwaltungsspitze und Bürgermeisterriege“, sagte Kießling. Seidel will das so nicht stehen lassen. Die Entwicklung im Kita-Bereich und der Finanzierungsbedarf seien lange bekannt. Bereits im April 2014 wäre die entsprechende Vorlage mit der Bedarfsplanung für die nächsten zwei Jahre im Jugendhilfeausschuss eingebracht worden. Am Ende habe Rot-Grün-Rot die fehlenden Gelder im Etat 2015/16 hingenommen. Soll die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf eine Kitaplatz nicht gefährdet werden, müssten Linke, Grüne und SPD den Haushalt nachbessern, so der Sozialbürgermeister.
Für Seidel war es das letzte Mal, dass er den Kita-Fachplan präsentierte. Ihm werden gute Chancen eingeräumt, die Bürgermeisterwahl in Bannewitz am kommenden Sonntag zu gewinnen. „Dann würde ich dort mein Amt am 1. April antreten“, sagte er. Eher unwahrscheinlich ist dagegen im Fall einer Niederlage in Bannewitz die erneute Nominierung als Sozialbürgermeister. Die Beigeordneten-Stellen werden im Frühjahr neu ausgeschrieben. Heute nutzte Seidel die Gelegenheit, das Kita-Team in seinem Dienstbereich ausdrücklich zu loben. Mit Eigenbetriebs-Chefin Sabine Bibas und Sabine Grohmann als Leiterin strategisches Management habe ein „perfektes Tandem“ in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass Dresden eine der wenigen deutschen Großstädte ist, die den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gesichert hätte.
Das Landgericht in Leipzig hat kürzlich die Rechte der Eltern bei der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf eine Kitaplatz deutlich gestärkt. Die Richter verurteilten die Stadt zu Schadenersatzzahlungen in Höhe des Verdienstausfalls, weil drei Mütter wegen fehlender Betreuungsplätze nicht arbeiten konnten.
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