Der Stadtrat muss sich erneut mit dem Bebauungsplan 357 C für das Grundstück an der Leipziger Straße 33 – bekannt unter dem Namen Marina Garden – beschäftigen. Bei der Beschlussfassung habe ein Stadtratsmitglied „mit individuellen Sonderinteressen“ an der Abstimmung teilgenommen, erklärte Ingolf Ulrich, Sprecher der Landesdirektion Sachsen auf Nachfrage. Die Behörde habe darum die Stadtverwaltung aufgefordert, den Beschluss innerhalb von sechs Wochen aufzuheben. Der Vorwurf sei umfassend geprüft worden, so Ulrich. Der Stadtrat könne dem Bescheid widersprechen.
Der Stadtrat hatte am 22. Januar mit seinem Beschluss A0009/14 den Planungsrahmen für das Gelände an der Leipziger Straße geändert. Die Dresden Bau wollte hier mit ihrem Projekt Marina Garden Wohnungen errichten. Der geänderte Beschluss schränkte dies erheblich ein. Das Gelände wurde seit 2007 vom Verein Freiraum Elbtal genutzt. Vergangenen Freitag erfolgte die Zwangsräumung, nachdem der Verein das Gelände trotz Kündigung des Mietvertrages bis zum Jahresende nicht verlassen hatte. Die Eigentümer haben unmittelbar nach der Räumung einen Teil der Gebäude eingerissen und bei anderen die Zugänge zerstört.
Der Vorwurf der Befangenheit richtet sich gegen die Linke-Stadträtin Jacqueline Muth. Sie war Vorsitzende des Vereins Freiraum Elbtal und hatte ihre Töpferwerkstatt auf dem Gelände. Davon zeugt auch eine Webseite. Der letzte Eintrag dort stammt vom 12. März 2014. Nach eigenen Angaben ist die Stadträtin auf der Mitgliederversammlung des Vereins 29. Oktober 2013 aus dem Vorstand ausgeschieden. Dazu gebe es auch ein entsprechendes Versammlungsprotokoll. Ihre Werkstatt sei dem Junihochwasser 2013 zum Opfer gefallen. „Danach habe ich die Werkstatt auf dem Freiraum-Gelände nie wieder in Betrieb genommen“, sagte Muth auf Nachfrage. Sie habe von der Stadtratsentscheidung keinerlei persönliche Vorteile gehabt oder erwartet, betonte sie.
Die CDU Dresden sieht das anders. „Diese Beanstandung der Landesdirektion Sachsen ist eine schallende Ohrfeige für die von André Schollbach und Johannes Lichdi betriebene Klientelpolitik zugunsten eines einzigen ‚Künstler‘-Vereins. Das Zustandekommen dieses Beschlusses am 22. Januar 2015 ist an Rechtswidrigkeit nicht zu überbieten“, kritisierte Kreisvorsitzender Christian Hartmann. Die CDU Dresden habe mehrfach auf die Befangenheit der Stadträtin Muth wegen persönlichem wirtschaftlichen Eigeninteresse hingewiesen. Der baupolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion Gunter Thiele bezeichnete auch den entsprechenden Beschluss im Ausschuss für Stadtentwicklung als rechtswidrig, da Muth auch hier teilgenommen habe. Thiele forderte den 1. Bürgermeister Dirk Hilbert auf, „diesem ständig rechtswidrigen Gebaren ein Ende zu setzen“.