Die Dresdner Grünen haben gestern ihre Kandidaten für die Stadtratswahl im Mai gewählt und sind knapp an einer Führungskrise vorbeigeschrammt. Bei der Aufstellung der Liste im Wahlkreis Plauen/Löbtau zwang Gerit Thomas die Teilnehmer des Parteitages zu einer Abstimmung über den Sprecher des Kreisverbandes Michael Schmelich. Beide kandidierten um Platz 1. Ein Votum gegen Schmelich hätte dessen Aus als Sprecher bedeutet. Er gewann mit 41 zu 25 Stimmen. Bei einer Niederlage „hätte ich morgen meinen Hut als Sprecher des Kreisverbandes nehmen können“, sagte Schmelich nach dem Wahlgang. Im Gegensatz zu Thomas wollte er im Fall einer Niederlage nicht auf Platz zwei kandidieren. „Dann hätte ich Frau Thomas gratuliert und wäre noch vor der Abstimmung gegangen“, sagte er und machte damit die Dramatik der Situation deutlich. Thomas, die in der Stadtratsfraktion für Bildung und Finanzen zuständig ist, steht jetzt auf Platz 2 und will kämpfen. Am Ende treffe der Wähler die Entscheidung. „Ich freue mich auf den Wahlkampf“, sagte sie. Bei ihrer Vorstellung wurde sie auch nach ihren oftmals emotionalen Reaktionen gefragt. „Ich arbeite daran. Ich mache jetzt Yoga“, hatte Thomas geantwortet.
Insgesamt 17 mal musste die Wahlkommission zählen, bis alle Kandidaten gewählt waren. Vier mal wurde um den Listenplatz 1 gekämpft. In der Neustadt setzte sich Jens Hoffsommer gegen Torsten Schulze durch, der nun auf Platz drei steht. In Prohlis gewann Julia Günther gegen Victor Vincze. In Pieschen setzte sich Kati Bischofsberger klar gegen die jetzigen Stadträte Wolfgang Daniels und Thomas Trepte durch. Trepte, der nur fünf Stimmen erhielt, kandidierte für keine weiteren Plätze und wird damit nicht wieder für die Grünen in der Stadtrat einziehen. Der selbständige Fotograf ist derzeit der sportpolitische Sprecher der Fraktion, hatte aber öffentlich auch schon einmal seine Enttäuschung über die Fraktion geäußert und über Alternativen nachgedacht.
Die fünfte Kampfabstimmung gab es im Wahlkreis Pieschen um Platz vier. Hier trat mit Gregor Schäfer ein ehemaliges Mitglied der Piratenpartei an, der sich in den vergangenen Jahren mit Audiostreams und seinem Coloradio vor allem für die Transparenz der Stadtratssitzungen eingesetzt hat. Er verlor und kam dann auf Platz 6.
Von den derzeit elf Stadträten stehen mit Thomas Löser, Christiane Filius-Jehne, Andrea Schubert, Ulrike Hinz, Jens Hoffsommer und Margit Haase sechs auf den ersten Plätzen der Wahlkreislisten. Trepte kandidiert nicht wieder, Daniels ist in Pieschen auf Platz 2, Schulze auf einem wackligen dritten Platz in der Neustadt. Gerit Thomas will kämpfen. Karl-Heinz Gerstenberg, der im Dezember für Elke Zimmermann nachgerückt war, kandidiert nicht wieder. Neue Gesichter im Stadtrat könnten demnach die anderen ersten Listenplätze sein: Kati Bischofsberger (Pieschen), Ulrike Caspary (Klotzsche), Kerstin Harzendorf (Tolkewitz), Julia Günther (Prohlis/Strehlen), Alexander Bigga (Cotta/Cossebaude) und Michael Schmelich.
Eva Jähnigen, die zusammen mit Schmelich den Kreisverband führt, hob hervor, dass acht der zwölf Listen von Frauen angeführt werden. Das sei ein „ein tolles Signal“. Die Grünen hätten ein „großes und buntes Kandidaten-Angebot“ für die Wählerinnen und Wähler unterbreitet. Die jüngste Kandidatin ist 18 Jahre alt, der älteste 71 Jahre.