Ohne Zustimmung für ihr Projekt Hafencity mussten Stadtplaner, Architekten und Bauherren am Donnerstag abend die Bürgerversammlung im Alten Schlachthof verlassen. Viele der rund 250 interessierten Bürger machten ihrem Unmut nach den einleitenden Statements Luft.
Stefan Szuggat, Leiter des Dresdner Stadtplanungsamtes, hatte den Planungsentwurf für das Gelände, das sich südlich der Gothaer Straße zwischen Leipziger Straße und Elbe bis zum Pharmaunternehmen „Menarini – Von Heyden GmbH“ erstreckt, erläutert. Immer wieder versuchte er dabei bereits im Vorfeld zu erwartende Einwürfe zu entkräften, indem er auf Beschlüsse des Stadtrates, Experten-Gutachten und Gesetzesparagrafen verwies. Die entsprechenden Passagen finden sich auch alle in der fast 90 Seiten umfassenden Begründung des Bebauungsplans Nr. 357 B, Dresden-Neustadt 39, Leipziger Straße/Neustädter Hafen wieder. So erklärt Szuggat zum Beispiel den Umstand, dass das Gebiet kein neues Baugebiet darstelle – hier wurde bereits seit mehr als einhundert Jahren gesiedelt. Damit komme das Wasserhaushaltsgesetz, ein Bundesgesetz, das die Ausweisung neuer Baugebiete in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt, nicht zum Tragen.
Auch die geplante Tiefgarage spielt in der Argumentation eine wichtige Rolle – sie wird als Bauwerk für den Hochwasserschutz deklariert. Begründet wird dies damit, dass die komplette Tiefgarage bei Hochwasser geflutet werde – und damit als sogenannte Retentionsfläche zur Verfügung stehe.
Planungsdokumente
>> Begründung Bebauungsplan Teil 1
>> Begründung Bebauungsplan Teil 2
Martin Richter, geschäftsführender Gesellschafter der Planungsgesellschaft „WörnerundPartner“ erklärte dann, wie sich er und seine Experten die Bebauung im Detail vorstellen. Neben Wohngebäuden seien auch kleinere Gebäude zur Nutzung für Vereine oder Gastronomie geplant. Wichtig sei ihm auch , dass auf rund 13.000 Quadratmetern entlang des Elbufers ein verkehrsfreier öffentlicher Raum entstehe. Die schon zuvor geäußerte Kritik an einem zehngeschossigen Hochhaus entkräftete er mit dem Zugeständnis, dass auch acht Etage möglich wären.
Dann begann die Fragestunde, die oft auch einfach für Statements genutzt wurde. Da konnte man dann Sätze hören wie „da stehen ja die Häuser noch enger als die DDR-Plattenbauten“ (Beifall), „eigentlich ist es ein Verbrechen, den Leuten Häuser in Überschwemmungsgebiete zu bauen“ (lauter Beifall), „wir brauchen bezahlbare Wohnungen und kein Luxusgebiet für Reiche“ (lautstarker Beifall), „wegen der hier geplanten Architektur würde keine Tourist nach Dresden kommen“ (zustimmender Beifall).
Mit viel Nachdruck wurde immer wieder der Hochwasserschutz hinterfragt. Ein Zuhörer, der von sich sagte, dass Hochwasserschutz sein Beruf sei, verwies darauf, dass ihm kein Fall in Deutschland bekannt sei, bei dem Tiefgaragen als Retentionsflächen anerkannt würden. Auch sei das von Szuggat zitierte Wasserhaushaltsgesetz an anderer Stelle sehr deutlich, wenn es die erhöhte Bebauung in Überschwemmungsgebieten untersage. Viel Unverständnis gab es auch zu der Aussage, dass für die Kosten der Schadensbeseitigung nach einer Überschwemmung in der Tiefgarage natürlich die dort Wohnenden aufkommen müssten. Das würde, so Szuggat, den Käufern der Eigentumswohnungen ausführlich erläutert.
„Was geschieht, wenn die ersten Mieter erfolgreich gegen eine Flutung der Tiefgarage klagen, weil sie die Verschmutzung mit Schlamm, Öl und anderen Rückständen ablehnen“ – auf diese Frage blieb Szuggat nur der Verweis, dass es sich hier um eine privatrechtliche Angelegenheit handele. Was immerhin die Möglichkeit eines Erfolges vor Gericht einschließt – dachten garantiert viele im Saal ohne es laut zu sagen.
Auf die Frage nach den geplanten Quadratmeterpreisen für die Eigentumswohnungen und die Mieten blieb der anwesende Vertreter des Investors USD Immobilien, Gottfried Schaaf, eine Antwort schuldig (begleitet von unüberhörbarem Murren im Saal). Während des gesamten Abends zeigte das Publikum wenig Interesse an den Gestaltungsideen der Architekten für die Gebäude, die Innenhöfe, die Grünflächen oder die Hafenterasse.
Ein wichtiges Thema der Fragesteller waren die möglichen Folgen der Bauvorhaben an der Elbe für die Mietpreisentwicklung in der Leipziger Vorstadt. Ganz klar zu spüren war die Befürchtung vor einem Ansteigen der Mietpreise im Umfeld einer Luxussanierung. Darauf verwies auch die Bürgerinitiative „Elbraum für alle“, die die Pläne für die Hafencity stoppen möchte.
Nach fast drei Stunden war es auch der sachlichen Art von Stefan Szuggat geschuldet, dass die Bürgerversammlung trotz einiger sehr emotionaler Auftritte, trotz erregter Zwischrufe und trotz einiger geäußerter Unterstellungen nicht aus dem Ruder lief. Am Ende, so Szuggat, werde der Stadtrat alle Interessen gegeneinander abwägen und eine Entscheidung treffen müssen.