Online Glücksspielregulierung in Deutschland – das ist der Stand

Der deutsche Glücksspielmarkt steht vor einer grundlegenden Neuordnung. Diese tritt formal erst Mitte 2021 komplett in Kraft. Doch schon jetzt ändert sich der Markt auf allen Ebenen. Wir geben einen Überblick über den aktuellen Stand.

Lizenzvergabe in Deutschland: so steht es aktuell

Wie zuvor berichtet wurde: Der deutsche Markt für Glücksspiel im Internet steht vor grundlegenden Änderungen. Grund dafür ist der neue Glücksspielstaatsvertrag. Die Änderungen sind disruptiv. Bislang waren sich stets alle 16 Bundesländer einig, dass Online Glücksspiel allein in staatliche Hand gehöre. Deutsche Lizenzen gab es deshalb praktisch nicht bzw. nur für einzelne Spiele und quasi-staatliche Anbieter. Anbieter mit Lizenzen im EU-Ausland waren (und sind) ebenfalls in Deutschland aktiv – agierten jedoch in einer rechtlichen Grauzone. Der deutsche Casinomarkt war lange Zeit in dieser Situation eingefroren.

Schleswig-Holstein jedoch scherte aus und vergibt seit einigen Jahren Lizenzen an private Casinobetreiber. Dies war der Auslöser für gesetzliche Änderungen. Künftig dürfen alle Bundesländer Lizenzen vergeben. Allerdings hatten sich die Länder auf eine strenge Regulierung der Casinos geeinigt.

Bundesländer stimmen Übergangsperiode zu

Die Änderungen gelten de facto bereits seit dem 15. Oktober. Seitdem gilt eine Übergangsfrist. Der Grund: Der Gesetzgeber wollte vermeiden, dass Casinobetreiber vor dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags mit zu harten Bandagen um Marktanteile kämpfen. Auch während dieser Übergangsfrist dürfen Kunden aus Deutschland in Online Casinos mit Echtgeld spielen. Die Übergangsperiode sieht vor, dass Betreiber auf dem deutschen Markt aktiv sein dürfen, wenn die künftigen regulatorischen Auflagen eingehalten werden. Formal betrachtet wird die rechtliche Verfolgung von Anbietern ausgesetzt.

Die Betreiber müssen etwa ein Einzahlungslimit in Höhe von 1.000 Euro monatlich gewährleisten. Dieses Limit soll unter Bedingungen allerdings auf 10.000 Euro pro Monat angehoben werden können. Für einen kleinen Teil der Kunden sind sogar Limits bis 30.000 Euro möglich. Die Limits sollen für alle Casinos mit deutscher Lizenz gelten. Werbung wird eingeschränkt, der Jugend- und Spielerschutz verbessert. Es soll möglich sein, Spieler für alle Onlinecasinos gleichzeitig zu sperren.

Erste Betreiber erhalten Lizenzen

Bislang gibt es noch keine gültigen Lizenzen, weil sich der Lizenzstatus auf die Zeit ab dem 01.07.2021 bezieht. Eine Ausnahme sind Spieler mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Schleswig-Holstein. Diese können bei Casinos mit einer Lizenz des Bundeslandes schon seit mehreren Jahren spielen. Wer jedoch in München oder Dresden wohnt, spielt bei Casinos, die im Rahmen der Übergangsfrist legal sind.

Die ersten Lizenzen wurden bereits vergeben. Zu den ersten Betreibern gehörte die GVC Gruppe. Diese erhielt Zulassungen für vier ihrer Marken im Bereich Sportwetten. Die Marken Ladbrokes, Sportingbet, Gamebookers und bwin wurden durch die deutschen Behörden akkreditiert. Auch der Anbieter Tipwin sowie Cashpoint – ein Betreiber der Gauselmann Gruppe – erhielten Lizenzen.

Neben Einzahlungslimits trüben vor allem Einsatzlimits die Euphorie der Betreiber etwas. So sollen an Slotmaschinen maximal 1 Euro eingesetzt werden können. Betreiber, die in Deutschland bislang mit ausländischer Lizenz aktiv waren und auf das deutsche Modell wechseln, könnten deshalb Umsatzeinbußen erleiden. Gleichwohl sind die Perspektiven der Branche und insbesondere der Anbieter mit künftiger deutscher Lizenz gut. Marktforscher rechnen damit, dass die Bruttoglücksspielrenditen bis zum Jahr 2024 auf 3,3 Milliarden Euro steigen – nach 2,2 Milliarden im Jahr 2019. Spieler aus Deutschland bevorzugen Umfragen zufolge klar Casinos mit deutscher Lizenz.

Welche Unsicherheiten gibt es noch?

Der neue Glücksspielstaatsvertrag beseitigt aus Sicht der Betreiber viele Unsicherheiten. So könnten bei regulär lizenzierten Casinos künftig wieder Einzahlungen mittels PayPal und anderen derzeit nicht verfügbaren Zahlungsdiensten möglich sein. Viele Zahlungsdienste haben sich aufgrund rechtlicher Risiken aus diesem Geschäft zurückgezogen. Gleichwohl bleiben noch Unsicherheiten. Im April hatte etwa das Verwaltungsgericht Darmstadt den Lizenzvergabeprozess gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits 30 Betreiber von Sportwetten eine Lizenz beantragt und weitere 20 Betreiber ernsthaftes Interesse an einer Lizenz bekundet.

Unsicherheiten gibt es auf politischer Ebene. Sozialdemokratisch regierte Länder möchten ganze Produktkategorien verbieten und generell eine strengere Regulierung anwenden als konservativ regierte Länder. Aber könnten Sportwetten und Online Glücksspiel in Ländern wie Sachsen künftig tatsächlich anders als in NRW oder Rheinland-Pfalz gehandhabt werden? Die Branche jedenfalls hofft, dass politische Streitigkeiten – so sie denn nicht politisch beigelegt werden – zumindest keinen Einfluss auf den Zeitplan haben. Die Betreiber jedenfalls sprechen sich für eine klare Regulierung aus und hoffen langfristig auf eine Harmonisierung der Regelungen innerhalb der gesamten EU.