Im Interview: Bronwyn Tweddle, seit acht Monaten Chefin im Theaterhaus Rudi

Die Kulturmanagerin und Theatermacherin Bronwyn Tweddle hat im August 2023 die Leitung des Theaterhauses Rudi in Pieschen übernommen. Die gebürtige Australierin ist ausgebildete Theaterwissenschaftlerin und Germanistin und hat 17 Jahre als Dozentin für angewandte Theaterwissenschaft an der Universität von Wellington in Neuseeland gearbeitet. Die deutsche Landschaft der Amateurtheater kennt sie aus Besuchen und Studienaufenthalten sehr gut. Im Januar dieses Jahres hat sie sich den Mitgliedern des Stadtbezirksbeirates Pieschen vorgestellt. Wir haben sie im Theater zu einem Gespräch besucht.

Seit acht Monaten sind Sie in Dresden – haben Sie schon eine passende Wohnung gefunden?

Noch nicht. Ich wohne in einer kleinen 1-Zimmer-Wohnung in Altpieschen. Das Umfeld gefällt mir sehr gut. Gern würde ich hier etwas größeres für mich finden. Es ist in der Nähe zum Theater, zur Elbe ist es nicht weit und auf dem Platz an der Haltestelle herrscht ein buntes Leben.

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Wie haben Sie die deutsche Theaterlandschaft kennengelernt?

Ende 1990 war ich das erste Mal in Deutschland. Ich kam als Austauschstudentin für zwei Monate nach Hamburg. Ich konnte damals nur wenig Deutsch. Weitere Sprachkenntnisse hatte ich dann während meines Studiums in Melbourne erworben. Später habe ich die deutsche Sprache vor allem mit Hörbüchern trainiert.

1994 bis 1995 war ich als Stipendiatin meiner Uni erneut in Hamburg und zwei Jahre später mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst für zwei Semester in Berlin. Ich habe damals sehr viel Theater besucht. Weil ich deutsche Theatergeschichte studiert und viel praktische Theatererfahrung hatte, erhielt ich 2001 ein Angebot von der Victoria University of Wellington. Dort blieb ich 17 Jahre lang.

Sechs Amateurtheater-Gruppen haben hier ihr Zuhause. Foto: W. Schenk

Während meiner Zeit in Neuseeland habe ich eine bikulturelle Theatergruppe zusammen mit einem Maori Regisseur geleitet. Wir haben mehrmals in Europa gespielt. Ich war auch immer wieder für Theaterfestivals und Tagungen in Deutschland. Ich habe zweimal an der Studiobühne Essen inszeniert und war 2015 mit dem Team zu einem Gastspiel in Nishni Nowgorod.

Und woher kommt der Kontakt zu den Amateurtheatern?

Seit 2012 bin ich beim Bund deutscher Amateurtheater (BDAT) engagiert. Ich habe dort häufig Workshops gegeben und als Fachschaftsrätin bei Festivals gearbeitet.

Was verschlug Sie dann endgültig nach Deutschland?

2018 wollte ich das deutsche Theater von innen kennenlernen. Ich habe am Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen und am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin gearbeitet. Dann hat Andreas Nattermann, Interimsleiter am Theaterhaus Rudi, mich letztes Jahr auf die freiwerdende Stelle in seinem Haus aufmerksam gemacht.

Seit sechs Jahren so weit weg. Wie halten Sie Kontakt mit der Familie?

Mit meinen Eltern, meinen zwei Schwestern und meinem Bruder spreche ich regelmäßig über Skype oder WhatsApp. Auch Neuseeland war ja nicht um die Ecke. Da lagen auch 2.000 Kilometer dazwischen. Also sind wir das gewohnt.

Das gemütliche Theatercafé hat ihr von Anfang an sehr gut gefallen. Foto: W. Schenk

Gibt es einen besonderen Reiz, den das Theaterhaus Rudi ausübt?

Rudi ist, glaube ich, das deutschlandweit einzige Theaterhaus, das nur dem Amateurtheater gewidmet ist und sich mehrere Gruppen den Platz im Haus und die Bühne teilen. Das Besondere ist die wunderbare Stimmung, die dort herrscht.. Hier spürt man die Lust und Leidenschaft am Theater spielen ganz direkt und unverfälscht. Gern würde ich hier auch selbst inszenieren. Das muss noch ein bisschen warten. Ich habe aber bereits einen Clowns-Workshop gegeben.

Das regelmäßige Familiencafé ist ein Treffpunkt für und mit der Nachbarschaft. Foto: W. Schenk

Als Leiterin des Theaterhauses haben Sie sicher schon Bekanntschaft gemacht mit der deutschen Bürokratie?

Als städtisches Haus gibt es hier viele Regeln, die es zu beachten gilt. Zum Beispiel beim Umgang mit Honorarkräften. Ich habe schon vieles gelernt, aber es steht mir sicher noch einiges bevor. Wichtig ist, dass die Theaterarbeit auch künftig im Mittelpunkt steht. Bei nur vier Vollzeit-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Vorstellungen an jedem Wochenende muss man mit den Ressourcen haushalten.

Gibt es Anfragen von weiteren Amateurtheatern?

Ja, wir haben sehr viele Anfragen von Gruppen, die gern hier auftreten möchten. Community-Sprachen werden ein bisschen zum Schwerpunkt. Wir haben schon regelmäßig Stücke auf Englisch und Russisch im Haus, vor kurzem auch auf Ukrainisch und bald kommt eine Gruppe aus Leipzig, die auf Bulgarisch spielen werden.

Was wollen Sie selbst hier verändern?

Ich bin vorsichtig mit großen Visionen. Es gibt hier sechs Theatergruppen, die das Theaterhaus aufgebaut haben. Gemeinsam wollen wir überlegen, was wir verändern wollen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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