Brendler’s Geschichten: Vor 125 Jahren wurde das Schulhaus der 56. Grundschule geweiht

Am 15. März 1899 weihte die Gemeinde Trachau an der im gleichen Jahr benannten Germanenstraße (ab 1904 Böttgerstraße) ihr zweites Schulhaus ein. Im Stile der Deutschen Renaissance vom Dresdner Architekten Gustav Reinhold Hänichen entworfen, war es von den Trachauer Baumeistern Carl Wilhelm Roßberg und Max Hugo Ullrich in elf Monaten errichtet worden.

Über den Verlauf der Schulhausweihe berichteten sowohl die seit 1856 erscheinenden „Dresdner Nachrichten“, als auch die „Elbthal-Morgen-Zeitung“. Letztgenannte, gegründet 1878 und in den 1890er Jahren zwischen Dresden-Neustadt und den Lößnitzortschaften weit verbreitet, schrieb am 18. März 1899: „Fünfundzwanzig und ein halbes Jahr waren verflossen, seit unsere Gemeinde ihre bisher in Benutzung gehabte Schule geweiht hatte, und lange schon waren die Räume des Hauses viel zu eng, um den Ansprüchen der Zeit und dem Wachstum unserer Gemeinde noch fernerhin genügen zu können.“

Verlag, Druckerei und Expedition befanden sich im Stadtteil Pieschen – bis Januar 1900 in der Bürgerstraße Nr.50, seit Februar 1900 in der Leipziger Straße Nr.110. Quelle: Archiv K. Brendler

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Und weiter hieß es im Beitrag zur Schulhausweihe: „Der 15. März gestaltete sich zu einem hohen Festtag für die gesamte Gemeinde. Goldene Strahlen entsendend, schaute die Sonne vom blauen Himmel hernieder […] und in fröhlichen Scharen zogen in Festkleidern die Jungen und Mädchen, letztere meist in weißen Kleidern mit grünen und weißen Kränzen im wallenden Haar, nachmittags gegen drei Uhr auf den Turnplatz des alten Schulhauses (heute Alttrachau Nr.52). Die Abschiedsrede an das alte Haus hielt Schuldirektor Carl Friedrich Israel. Danach ordnete sich der Festzug und bewegte sich zum neuen Schulhaus.“ Das alte im Jahre 1873 erbaute Schulhaus erwarb wenig später die Gemeinde Trachau für 43.000 Mark und eröffnete im Erdgeschoss eine Kinderbewahranstalt.

Die 56. Grundschule an der Böttgerstraße in Trachau ist eine von acht Grundschulen im Stadtbezirk Pieschen. An ihr werden ca. 350 Jungen und Mädchen der Klassenstufen 1 bis 4 unterrichtet. Foto: K. Brendler

Der Weiheakt am neuen Haus wurde eingeleitet durch den gemeinsamen Gesang des Chorals „Wir haben dieses Haus gebaut“. In der sich anschließenden Weiherede des Kaditzer Pfarrers Karl Bernhard Henrici (1837-1924) ermahnte dieser “…die Lehrerschaft an ihre hohen Aufgaben und weihte die neue Schule zur Heimstätte wahren Christentums, zur Pflegestätte vaterländischer Gesinnung und bürgerlicher Tüchtigkeit.“ Nachdem der seit 1897 in Trachau seelsorgerisch tätige Diakon Eduard Alexis Fischer (1868-1949) den Segen erteilt hatte, übergab der Architekt Gustav Reinhold Hänichen (1860-1924) den Schlüssel an Schulvorstand Friedrich Otto Jedicke (1850-1911). Aus dessen Händen nahm ihn Direktor Carl Friedrich Israel (1850-1909) entgegen. Er führte die Jungen und Mädchen durch das neue Schulhaus, welches 14 Klassenzimmer enthielt, von denen zunächst acht Benutzung fanden. Übrigens erhielt Architekt Hänichen am 17. März 1899, also zwei Tage nach der Schulhausweihe, auch den Zuschlag zum Bau des am 9. Februar 1900 eröffneten neuen Trachauer Gemeindeamtes (Wilder- Mann- Straße Nr.5).

Das Lehrerkollegium der zweiten Trachauer Schule, aufgenommen im April 1900 vom Photographen Ernst Sonntag (Gemeinderatsmitglied Trachau). Quelle: Archiv K. Brendler

Für die Unterrichtung der 290 Jungen und 300 Mädchen standen außer dem Direktor noch sechs Lehrer zur Verfügung. Alle hatten schon an der ersten Trachauer Schule unterrichtet. Das waren Julius Otto Junge, Wilhelm Oskar Arthur Lindner und Paul Georg Schürer (hinten von links) sowie Kurt Georg Nitzsche, Alwin Matthes, Direktor Karl Friedrich Israel und Hugo Ursin (vorn von links). Während alle Genannten in der Gemeinde wohnten, war die zur Lehrerschaft gehörende Lehrerin für weibliche Handarbeiten Helene Jäger in Dresden zu Hause. Unbesetzt zum Schuljahresbeginn (April 1899) war die Stelle eines siebten Lehrers.

Die „Elbthal-Morgen-Zeitung“ schloss ihre Berichterstattung wie folgt ab: „Neben dem Schulbau steht eine geräumige Turnhalle, die zu gottesdienstlichen Zwecken mit eingerichtet ist und benutzt wird. Das monumentale Schulgebäude wird von schönen, umfangreichen Gartenanlagen umschlossen, deren Bäume und Sträucher die botanischen Bezeichnungen tragen und somit zugleich als Lehrmittel dienen werden. Am Abend versammelten sich die Gemeindemitglieder und die Ehrengäste im Gasthof ‚Zum Goldenen Lamm‘, um diesen Tag gebührend zu feiern.“

Die Gattin des Trachauer Lehrers Schürer an ihre Freundin: „… damit du siehst, wie sich unser liebes Trachau entwickelt.“ (Postkarte 1898). Quelle: Archiv K. Brendler

Vorangegangen waren dem Tag der Weihe ein am 24. Januar 1898 zwischen der Schulgemeinde Trachau und der hiesigen Baumeisterfirma „Roßberg und Ullrich“ abgeschlossener Vertrag zum Schulhausbau sowie der am 28. Februar 1898 erstellte Baukostenvoranschlag in Höhe von 218.081,35 Mark.

Der zuständige Amtshauptmann für Dresden-Neustadt, Curt Ludwig Franz von Burgsdorff (1849-1922), bewilligte am 5. März des gleichen Jahres den eingereichten Voranschlag und wünschte dem Bau ein gutes Gelingen. Daraufhin erwarb der Schulvorstand für insgesamt 40.911 Mark das nötige Bauland von den Trachauer Gutsbesitzern Johann Heinrich Trobisch, Julius August Pietzsch und Friedrich Albrecht Peters, so dass am 1. April, dem Geburtstag des ersten Kanzlers des Deutschen Reiches Otto von Bismarck (1815-1898), die Grundsteinlegung erfolgen konnte.

Das Schulhaus ist eines der Kulturdenkmale in Sachsen und auf der Liste für Trachau (Objekt-Nr. 09217345) aufgeführt. Foto: K. Brendler

Nachzutragen wäre erstens, dass der Trachauer Schulvorstand schon Ende 1898 beschlossen hatte, mit Beginn des Schuljahres 1900/1901 Bürgerschulklassen, also Klassen mit höherer Volksschulbildung, einzurichten. Und zweitens ist wichtig zu wissen, dass in Folge der Eingemeindung Trachaus in die Haupt- und Residenzstadt Dresden zum 1. Januar 1903 die selbstständige Schulgemeinde in die der Stadt Dresden aufging.

Diese legte fest und der „Dresdner Anzeiger“, die älteste von 1730 bis 1943 existierende Dresdner Tageszeitung, machte es am 19.Februar 1903 bekannt: „Die bisherige Bürgerschule Trachau ist als XVI. Bürgerschule Dresden und die bisherige einfache Volksschule Trachau als 40.Bezirksschule Dresden zu bezeichnen.“.

Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Stadtbezirk Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor war von 2007 bis 2023 Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und von 2002 bis 2022 Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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