In der Mohnstraße, sie verbindet die Torgauer mit der Leipziger Straße, hat es um 1940 unter anderem eine Rohproduktenhandlung, einen Tapeziermeister, einen Schuhmacher, einen Dachdecker, zwei Gaststätten, drei Bäcker, drei Fleischer, vier Lebensmittelgeschäfte und außer der „Pieschener Dampfwäscherei“ auch die „Pieschener Böttcherei“ gegeben. Selbiges weiß ich von Karlheinz Knippe. Die Mohnstraße selbst war 1889 nach dem Pieschener Lehrer Christian Gottlieb Mohn (1811-1881) benannt worden.
Karlheinz Knippe ist der Sohn des Betreibers der ehemaligen Böttcherei, 1934 geboren und selbst Böttchermeister. Seit Januar des letzten Jahres verbringen er und seine Gattin ihren Lebensabend in einem Dresdner Alten- und Pflegeheim. Mit Karlheinz und Heidi Knippe verbindet mich noch heute eine enge Freundschaft. Beide waren regelmäßige Teilnehmer der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“.
Seit 1997 Rentner, hat Karlheinz Knippe die ihm nun zur Verfügung stehende Zeit genutzt, um die Geschichte des Dresdner Böttcherhandwerks, vor allem die des Nordwestens der Stadt, zu erforschen und aufzuschreiben. Das Ergebnis, sorgfältig in mehreren Mappen geordnet, wird in der 1889 gegründeten Böttcherei Götze in der Dohnaer Straße 70 im Stadtteil Leubnitz / Neuostra aufbewahrt.
Was die Geschichte der „Pieschener Böttcherei“ im Besonderen betrifft, so soll Karlheinz Knippe selbst zu Wort kommen: „Mein 1908 in Kaditz geborener Vater war ein guter Schüler und sollte nach dem Willen seiner Eltern ein Gymnasium besuchen. Dazu hatte er wohl keine rechte Lust, einen Beruf wollte er erlernen. Durch Gartennachbar Präg, einem in der Leipziger Vorstadt beschäftigten Böttcher, kam es, dass mein Vater von 1922 bis 1925 das Böttcherhandwerk erlernte. Weil er in den Jahren danach oft nur kurzzeitig Arbeit fand, und die in mehreren Betrieben, baute er sich eine eigene Böttcherei auf.“
„Mit Unterstützung seiner Eltern kaufte mein Vater 1932 den im Haus Mohnstraße Nr. 13 ansässigen Handwagenverleih des Hauseigentümers und Schmiedes Paul Richter. Er mietete das dazu gehörende Werkstattgebäude und eine Wohnung im Vorderhaus. In der Werkstatt richtete er die Böttcherei ein und eröffnete sie am 1. August 1934 unter dem Namen ‚Pieschener Böttcherei‘. Meine Mutter Marie führte den Handwagenverleih und half auch in der Werkstatt, in der anfangs noch alle Gefäße, vor allem Waschwannen, in Handarbeit gefertigt werden mussten.“
Und weiter Karlheinz Knippe: „Als 1938 neue Gesetze von allen selbstständigen Handwerkern den Nachweis der Meisterprüfung erforderten, legte Vater sie nach dem Besuch von Lehrgängen im Dezember 1939 vor der Handwerkskammer ab. […] Im Jahre 1941 wurde er trotz starker Sehbehinderung zum Kriegsdienst einberufen. Bei den Kämpfen um Elbing (Polen) im Februar 1945 verwundet, verstarb mein Vater am 17. Februar 1945 in einem Danziger Lazarett. Mutter brachte uns mit dem Handwagenverleih über die Nachkriegszeit. Die Böttcherwerkstatt samt Maschine und Material blieb geschlossen.“ Vierzehn Jahre später sollte sich das Blatt wenden.
Nach Abschluss der Grundschule, Karlheinz Knippe besuchte von 1940 bis 1948 die Schule in der heutigen Robert-Matzke-Straße, lernte er bis 1951 beim Böttchermeister Hermann in Radebeul- Ost und legte seine Lehrprüfung mit sehr guten Ergebnissen ab. Nach einer zweijährigen Gesellenzeit bereitete er sich in einem Abendlehrgang auf die Meisterprüfung vor. Das Prüfungsstück, so hat er mir einmal erzählt, wäre eine Meterwanne mit Deckel und ein Weinfass gewesen. Den Meisterbrief erhielt der damals Zwanzigjährige am 3. November 1954. Vierzehn Jahre nach der Schließung konnte Karlheinz Knippe am 23. Februar 1955 die „Pieschener Böttcherei“ auf der Mohnstraße Nr.13 wieder eröffnen.
Nach Gründung der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) „Sachsenfaß“, sie vollzog sich am 11. Oktober 1958 im „Puschkinhaus“, wurde dann die „Pieschener Böttcherei“ zum zweiten Mal und nun endgültig geschlossen.
Karlheinz Knippe arbeitete fortan in einem der drei Betriebsteile der PGH, absolvierte später erfolgreich ein Studium an der Ingenieurschule für Holztechnologie und war bis zum Eintritt ins Rentenalter immer in solchen Betrieben angestellt, die „etwas mit Holz zu tun hatten“.
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Ein Kommentar zu “Brendler’s Geschichten: Die Pieschener Böttcherei in der Mohnstraße 13”
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Danke für den informativen Beitrag. Es ist toll, etwas aus der Geschichte der Nachbarschaft zu erfahren!