Im Manuskript des „Namenbuch der Straßen und Plätze im Norden der Stadt Dresden“ (2000) schrieb der Autor Dr. Karlheinz Kregelin (1931-2004) zum Pieschener Verkehrs- und Straßennetz: Es „…erfuhr in den Jahren 1899 bis 1913 eine solche Erweiterung, dass es […] schon vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) nahezu vollständig ausgebaut war. Die Namensgebung der ausschließlich nördlich von der Großenhainer Straße gelegenen Straßen erfolgte von 1896 bis 1901.“ Vier von ihnen tragen die Namen deutscher Dichter. Es sind dies Hans Sachs, Johann Gottfried Seume, Heinrich von Kleist und Friedrich Rückert.
Der 1896 nach dem Nürnberger Schuhmacher und Dichter Hans Sachs benannte Straßenzug beginnt an der Großenhainer Straße, quert die Seume- und Maxim-Gorki-Straße, endet zunächst an den Gärten des 1922/23 gegründeten Vereins „Es geht weiter“ und setzt sich danach bis zur Döbelner Straße fort. Bemerkenswert ist, dass die Hans-Sachs-Straße wohl eine von wenigen Straßen in Sachsen ist, an der die in China beheimateten Ginkgo-Bäume stehen. Im Jahre 1999 wurde er, der Ginkgo biloba, wegen seiner Seltenheit zum Naturdenkmal erhoben. Das deutsche „Kuratorium Baum des Jahres“ erklärte ihn anlässlich des Jahrtausendwechsels zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden.
Der einfache, doch gebildete Schuhmacher Hans Sachs war einer der herausragenden Vertreter des weltlichen Meistersangs innerhalb der deutschen Literatur. Am 5. November 1494 als Sohn eines Schneidermeisters in Nürnberg geboren, lernte er den Schuhmacherberuf und begab sich bis 1516 auf die Wanderschaft. Zurück in Nürnberg, wurde er 1517 Meister der dortigen Meistersingerzunft und ab 1520 Schuhmachermeister. Hans Sachs, ein Befürworter der Reformation und Parteigänger Martin Luthers (1483-1546), hinterließ ein großes literarisches Werk. Er starb am 19. Januar 1576 in Nürnberg.
Die Benennung der Kleiststraße nach dem 1777 in Frankfurt (Oder) geborenen deutschen Dramatiker, Erzähler und Lyriker Heinrich von Kleist, der sich mehrmals auch in Dresden aufhielt, erfolgte 1899. Während er über seinen ersten Aufenthalt in der kursächsischen Residenz (September 1800) wenig „gute Worte“ fand, sich aber begeistert über den Plauenschen Grund und Tharandt äußerte, änderte sich schon bei seinem zweiten Aufenthalt im April 1801 sein Urteil über Dresden.
Im Manuskript des „Namenbuch der Straßen und Plätze im Norden der Stadt Dresden“ (2000) heißt es: „Dazu trugen nicht zuletzt seine Besuche auf der Brühlschen Terrasse, der Gemäldegalerie, des Antikenkabinetts und namentlich der katholischen Hofkirche bei. Während seines dritten Aufenthaltes in Dresden (Frühjahr 1803) schrieb Kleist die ersten Szenen des Lustspiels ‚Der zerbrochene Krug’. Bedeutsam für sein literarisches Schaffen gestaltete sich vor allem sein zweijähriger und zugleich letzter Dresden-Aufenthalt von September 1807 bis April 1809.“
In tiefer Schwermut, verbittert über das Fehlen einer Resonanz auf seine Dichtung, sich von seinem Vaterland und seiner Familie verstoßen wähnend, nahm sich Heinrich von Kleist im November 1811 gemeinsam mit seiner schwerkranken fast gleichaltrigen Freundin Henriette Vogel am heutigen Kleinen Wannsee im Südwesten Berlins das Leben.
„Wenn die Rose selbst sich schmückt, schmückt sie auch den Garten.“ Das klingt nach der Hauspoesie des Biedermeier! Ist es auch und stammt aus der Feder von Friedrich Rückert. Der am 16. Mai 1788 in Schweinfurth geborene Dichter war nach seinem Studium als Dozent, Gymnasiallehrer, Privatgelehrter und ab 1815 als Redakteur tätig. Seit 1826 lehrte er orientalische Sprachen und Literatur in Erlangen, später in Berlin.
Friedrich Rückert lebte von 1848 bis zu seinem Tod am 31. Januar 1866 in Neuses (heute zu Coburg). Dort befindet sich auch seine Grabstätte. Bedeutend sind Rückerts Übersetzungen und Nachdichtungen orientalischer Literatur. Die Redensart ”Mein lieber Freund und Kupferstecher” stammt von ihm. So begann er Briefe an seinen Freund, den Kupferstecher Carl Barth (1787-1853). Die Rückertstraße erhielt ihren Namen im Jahre 1901.
Johann Gottfried Seume wurde 1763 im kursächsischen Poserna (heute ein Ortsteil von Lützen / Sachsen-Anhalt) geboren. Nach dem Theologiestudium in Leipzig war er 1781 während einer Fußreise nach Paris den Werbern des Landgrafen von Hessen-Kassel in die Hände gefallen und an England für den Kampf in den aufständischen amerikanischen Kolonien verkauft worden.
Im Jahre 1783 nach Bremen zurückgekehrt, wurde er erneut, diesmal von preußischen Werbern, ergriffen und wieder nach England gebracht. Freigekommen, ließ sich Johann Gottfried Seume als Sprachlehrer in Leipzig nieder, wurde 1792 in Warschau Erzieher und 1797 Korrektor sowie Verlagslektor im sächsischen Grimma. Im Alter von 38 Jahren unternahm Seume seine berühmte Fußreise nach Sizilien. Die Eindrücke schrieb er im 1803 erschienenen Erlebnisbericht „Spaziergang nach Syrakus“ nieder. Weitere Reisen unternahm er 1805 durch Russland und Skandinavien.
Johann Gottfried Seume starb am 13. Juni 1810 während einer Bäderkur in Teplitz. Hier, in der heute ca. 50.000 Einwohner zählenden tschechischen Bezirksstadt, befindet sich auch seine Grabstätte. Das Denkmal im ehemaligen Seume-Park (Abb.) wurde am 15. September 1895 enthüllt. Die Seumestraße in Pieschen trägt ihren Namen seit 1899.
Anzumerken ist, dass sich mit der 1949 in Maxim-Gorki-Straße (Maxim Gorki / 1868-1936) umbenannten ehemaligen Marienhofstraße eine weitere Straße in Pieschen den Namen eines Dichters trägt.
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