Am Freitag ist am Dresdner Landgericht der zweite Verhandlungstag im Prozess um den Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden angesetzt. Sechs Männer im Alter zwischen 22 und 28 Jahren sind angeklagt. Sie sollen nicht nur den Einbruch vorbereitet und durchgeführt haben. Sie sollen auch verantwortlich dafür sein, dass in der Tiefgarage der Wohnanlage Kötzschenbroder Straße 8 bis 16b ein Fluchtauto in Brand gesetzt wurde. Der Audi A6 Avant stand in der Tiefgarage nicht auf einem Parkplatz, sondern auf der Freifläche vor einer Fluchttür. Bis heute ist die Tiefgarage mit ihren 120 Stellplätzen für die Bewohner der 152 Wohnungen gesperrt.
Schon kurz nach dem Brand waren die Schlösser an den Türen zur Tiefgarage wegen Unfallgefahr ausgetauscht worden, erinnert sich der Hausmeister. Stromleitungen haben blank gelegen. In der enormen Hitze war die Betondecke stellenweise bis auf die Armierung ausgebrannt. „Ein Fahrrad war nahe am Brandherd nur noch ein geschmolzener Klumpen“, meinte der Hausmeister. Später mussten dann die Baumaschinen der Reparaturfirmen gesichert werden.
Bis heute ist er froh, dass die Brandschutzanlagen damals funktioniert haben. „Als sie ausgelöst wurden, hat sich alles abgeschaltet“, sagte er. Auch der Hauptschieber für die Gasleitung wurde geschlossen. Die Leitung verläuft genau dort an der Garagendecke, wo die Täter den Audi A6 in Brand gesteckt hatten. Mit fünf Litern Benzin, die im Inneren des Fahrzeugs verschüttet wurden, um Spuren zu verwischen, wie es in der Anklageschrift heißt.
Eine Spezialfirma hatte den schmierigen und stinkenden Ruß und die Rückstände der Löscharbeiten sehr bald entfernt. In besonderen Tanks wurde der Sondermüll abtransportiert. Bevor die Reparaturen beginnen konnten, waren jedoch mehrere Gutachten erforderlich – Versicherungen, Statik, Betonsanierung, Brandschutz. Vor allem der Brandschutz erwies sich als große Hürde, weil die Brandschutzvorschriften seit dem Bau der Wohnanlage im Jahr 1997 verschärft worden waren. Eine neue Baugenehmigung musste beantragt werden. So war nun eine natürliche Entlüftung über die Decke der Tiefgarage gefordert.
Im Innenhof der Wohnanlage, unter dem sich die Tiefgarage zu größten Teilen befindet, kann man die beiden Bauwerke jetzt sehen. Etwa ein Quadratmeter groß sind die Öffnungen in den beiden Schächten. Jetzt fehlt noch die Abdeckung, die speziell angefertigt werden muss. „Das hätte alles auch schneller gehen können“, meinte ein Anwohner, der die Bauarbeiten jeden Tag beobachten konnte. Da sei doch nur sehr sporadisch gearbeitet worden. Erst wenn die Schächte abgedeckt sind, kann der TÜV die Anlage abnehmen. Dann, so der Hausmeister, müssten nur noch kleinere Malerarbeiten in der Tiefgarage erledigt werden. Die stünden aber einer Nutzung der Garage nicht im Wege.
Im März oder April, so die Hoffnung der Bewohner, könnten die Autos dann wieder in der Tiefgarage geparkt werden. Für Katrin, die seit zehn Jahren hier wohnt, wird das eine große Erleichterung. Die Parkplatzsuche in der Gegend um die Kötzschenbroder Straße sei jeden Abend wie ein Lotterie. Über mehrere Monate hatte das Brauhaus Watzke seinen Kundenparkplatz für die betroffenen Anwohner zur Verfügung gestellt. „Das war eine echte Erleichterung für uns und alle waren sehr dankbar für die Unterstützung“, meinte Katrin. Als Mieterin fühlte sie sich in den vergangenen 15 Monaten schlecht informiert. Dass die Hausverwaltung gewechselt hat, will sie dafür als Entschuldigung nicht gelten lassen. Zumindest der Hausmeister habe auf Fragen immer antworten können.
Katrin erinnert sich auch noch an den Morgen des 25. Novembers. „Meine Nachbarin Elke war eine der Zeuginnen, die das Feuer um 5 Uhr entdeckt hatten“, erzählt sie. Sie hätte völlig aufgelöst bei ihr geklingelt. „Wir dachten zuerst, in der Tiefgarage sei ein E-Auto explodiert“. Erst später erfuhren sie die Wahrheit.
Elke kann diesen Morgen nicht vergessen. „Ich musste damals jeden Tag um 5 Uhr los und war schon etwas spät dran. Als ich um 5.10 Uhr die Tür zur Tiefgarage aufmachte, ging das Licht nicht an. Das war schon ungewöhnlich. Nur die Notbeleuchtung brannte. Dann ging an einem Auto die Warnanlage an und gleich danach der Rauchmelder. Da sah ich auch schon den Qualm. Dann knallte es laut und ein Feuerball war zu sehen“, schildert sie ihre Erinnerung. Danach habe sich auch die Feuerschutztür zwischen den beiden Tiefgaragenabschnitten geschlossen. Mit einem heftigen Schreck in den Gliedern sei sie in ihre Wohnung zurück gegangen und habe noch zwei oder drei weitere Explosionen gehört. Draußen sei aus jeder Öffnung Rauch entwichen. Auch über die Regenabflussrohre, die durch die Hitze dann geschmolzen waren, wie sich später herausstellte.
Später, bei einer ersten Befragung aller Anwohner durch die Ermittler, habe eine Beamtin zu ihr gesagt: „Wir sind froh, dass sie mit uns reden können. Etwas früher, und sie wären den Tätern in die Arme gelaufen.“ Da sei ihr erst so richtig klar geworden, in welcher Gefahr sie sich am Morgen befunden hatte. Auch die Zeit danach war für alle Mieter schwer. „Mein Auto hat schräg gegenüber von dem brennenden Fluchtwagen gestanden. Es war schwarz von innen und von außen von dem ganzen Ruß. Es war zum Heulen“, sagt Elke.
Vier Wochen hätten die Autos in der Tiefgarage gestanden, bevor die Dekra ihre Arbeit aufnahm. Die habe dann eine Werkstatt beauftragt, das Auto zu reinigen. Doch nicht alle Schäden waren behoben. Die Elektronik hat verrückt gespielt, wegen des Rußgestanks im Auto mussten beim Fahren die Fenster unten bleiben. Darum habe sie das Leasingfahrzeug vorfristig zurückgegeben. 1.500 Euro waren dafür fällig. Die Versicherung zahlt das nicht. „Wer kommt eigentlich für die ganzen Schäden auf“, fragt Elke. Ihr Unmut richtet sich auch gegen die Hausverwaltung. „Die haben sich um gar nichts gekümmert.“
Auch Bernd fällt wenig Gutes zum Thema Hausverwaltung ein. Eigentümer der Wohnanlage ist eine Immobiliengesellschaft mit Sitz in Essen. Die Hausverwaltung liege in den Händen einer Tochterfirma. Mit den Bauarbeiten an der Entlüftung für die Tiefgarage sei auch der Spielplatz im Innenhof nicht mehr nutzbar. Auch der Rest der Außenanlagen mache eher einen ungepflegten Eindruck. „Die Kommunikation zwischen Hausverwaltung und Mietern ist schlecht“, meint Bernd. Telefonisch sei das Unternehmen in Essen defacto nicht erreichbar. Das sei besonders ärgerlich, weil es wegen fehlerhafter Nebenkostenabrechnungen viel Klärungsbedarf gebe. Eine Mail des Onlinejournals Pieschen Aktuell vom 3. Februar mit Fragen an die Hausverwaltung ist bis heute ohne Antworten geblieben.
Morgen beginnt das Gericht mit der Befragung von Zeugen und der Beweisaufnahme. Wenn dies abgeschlossen ist, werden die Schadenssummen aus der Anklageschrift sicher korrigiert werden. Die Kosten für die zusätzliche Entlüftung und weiter fehlende Mieteinnahmen für die Tiefgaragen-Stellplätze müssen noch aufaddiert werden und werden beim Strafmaß im Urteil berücksichtigt. Die finanziellen Nebenschäden für die Mieter, schlaflose Nächte, der Ärger, der Frust – all das, was es ohne den Brand nie gegeben hätte, bleiben dagegen ungesühnt.
(Anmerkung: Die vollständigen Namen aller hier zitierten Personen sind der Redaktion bekannt)
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