An wen wende ich mich, wenn ich hilfebedürftige Igel über den Winter bringen möchte? Was mache ich, wenn im Gemeinschaftsgarten die dringend benötigte Toilette fehlt? Wie finanziere ich einen Büchertauschschrank? Bekomme ich Unterstützung, wenn ich an drei Abenden meinen Nachbarn im Stadtteil die Regenwasserrückgewinnungsanlage, Photovoltaik und das Blockheizkraftwerk unserer Hausgemeinschaft vorstelle?
Panja Lange und Heidi Geiler wissen die Antwort. Der Stadtteilbeirat Pieschen und Mickten ist für all diese Fragen der richtige Ansprechpartner. Der Verein Pro Pieschen, dessen Vorsitzende Heidi Geiler ist, stellt dem Beirat in der Oschatzer Straße ein Büro mit regelmäßigen Sprechzeiten zur Verfügung. Wer mit seiner Idee kommt, erfährt, ob und wie diese unterstützt werden kann. Projektleiterin Panja Lange berät dann, wie die Förderanträge auszufüllen sind. Außerdem gibt sie Hinweise, wie man dem Stadtteilbeirat sein Projekt überzeugend präsentiert.
30 Anträge sind in diesem Jahr begutachtet worden. Am Ende wurden daraus 19 Projekte, denen der Stadtteilbeirat Pieschen und Mickten seine Zustimmung gab und die Fördergelder bewilligte. 34.900 Euro standen dafür in diesem Jahr zur Verfügung: Ausstellungen in der Kreativen Werkstatt und im Zentralwerk , ein neuer Brennofen für den Eselnest e.V., zwei Chorprojekte, ein neues Podest vor dem Bauwagen im Gemeinschaftsgarten „Weltchen“ oder die Trocken-oder Trenntoilette für das Mehrgenerationenprojekt „Aprikosengarten“. Ohne die entsprechende Toilette wäre der Fortbestand des Gartens gefährdet gewesen.
2019 waren auf Initiative des Vereins Pro Pieschen Stadtteilfonds und Stadtteilbeirat aus der Taufe gehoben worden. Noch im gleichen Jahr konnten die ersten Projekte auf den Weg gebracht werden. Der Stadtteilbeirat, der über die Projekte entscheidet, setzt sich aus Vertretern verschiedener Bevölkerungsgruppen zusammen: Senioren, Jugendliche, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung, Freiberufler, Ladenbesitzer und andere Einwohner. Er wird alle zwei Jahre neu gewählt.
Der Zugang zu den Fördermitteln ist beim Stadtteilfonds „sehr niederschwellig“, betont Panja Lange. Die Igelhilfe oder der gemeinsame Gießnachmittag seien solche Beispiele, meinte sie. Eine Seniorin hat das gemeinsame Gießen der Bäume rings um den Konkordienplatz organisiert. Dort stand den Sommer über ein großer Wassertank für diese Anwohnerinitiative. Weil sie die schweren Gießkannen nicht mehr tragen konnte, wurde aus dem Stadtteilfond eine Schubkarre für den Gießnachmittag finanziert. „Überhaupt“, so Lange, „haben sich neben den Vereinen als klassischen Antragstellern zunehmend auch Einzelpersonen und kleinere Institutionen mit ihren Ideen an den Stadtteilfonds gewendet“. Sie sieht das als einen Beleg dafür, dass sich die Idee des Stadtteilfonds immer mehr herumspricht.
Nachdem der Stadtteilbeirat im Oktober die letzten Projekte bewilligt hat, gilt die ganze Aufmerksamkeit von Heidi Geiler und Panja Lange der Absicherung der Arbeit im kommenden Jahr. „Es wird holprig“, meint Projektleiterin Lange. Sie hat die vergangenen zwei Jahre zuerst ehrenamtlich, dann auf Honorarbasis und zuletzt mit einer 20-Wochenstunden-Stelle die Kontinuität von Stadtteilfonds und Stadtteilbeirat gesichert. „Im Ehrenamt ist diese aufwändige Arbeit nicht zu bewältigen. Das konnte ich schon nach wenigen Monaten aus eigener Erfahrung feststellen“, sagt sie. Da die Finanzierung der Projektleiter-Stelle für das kommende Jahr noch nicht gesichert ist, kann sie auch keine Nachfolgerin oder Nachfolger einarbeiten.
Der Verein Pro Pieschen kämpft gemeinsam mit dem Stadtteilverein Johannstadt und weiteren elf Vereinen und Initiativen aus ganz Dresden darum, dass die Mittel für die weitere Arbeit der Stadtteilfonds und Stadtteilbeiräte über den Stadthaushalt 2023/24 abgesichert werden. In den Jahren 2019, 2020, 2021 und 2022 hat der Stadtbezirksbeirat Pieschen rund 110.000 Euro aus seinem Budget für die Arbeit von Stadtteilfonds und Stadtteilbeirat zur Verfügung gestellt. „Eine dauerhafte Finanzierung ist rechtlich nur aus dem Stadthaushalt möglich“, heißt es nun in einem gemeinsamen Antrag der Vereine und Initiativen zum Dresdner Haushalt 2023/24.
„Lokal verankerte Stadtteilinitiativen sind in der Lage, durch niedrigschwellige Ansprache vor Ort in den Stadtteilen mehr ehrenamtliches Engagement zu aktivieren, demokratische Prozesse erlebbar zu machen, lokales Wissen zusammenzuführen und ergänzende private Mittel zu akquirieren“, fasst Panja Lange ihre Erfahrungen der vergangenen drei Jahre zusammen. Stadtbezirke seien in der Regel zu groß und zu weit entfernt von den Identifikationsräumen der Bewohnerinnen und Bewohner, um eine solche niedrigschwellige und bürgernahe Beteiligung zu ermöglichen, betont auch der gemeinsame Antrag. Schließlich sei der Stadtbezirk Pieschen mit seinen rund 53.000 Einwohnern größer als die Stadt Görlitz.
Ohne den Stadtteilfonds hätte Claudia Riedrich nicht gewusst, wohin sie sich mit ihrer Idee der Igelhilfe wenden sollte. Das Büro in der Oschatzer Straße aber war ihr bekannt. Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln konnte sie neun Familien in Pieschen und Mickten gewinnen, Pflegestellen einrichten und Wissen an Erwachsene und Kinder vermitteln. Die bereit gestellten Igel-Boxen sind zudem mehrere Jahre nutzbar. Auch der Büchertauschschrank auf dem Konkordienplatz, den das BUND-Büro in der Bürgerstraße initiiert hat, zählt zu den nachhaltigen Erfolgen der Arbeit des Stadtteilfonds. Seit März 2021 kommen hier täglich Lesefreunde aller Alternsgruppen, um Bücher zu bringen oder in den Regalen zu stöbern.
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