Ja, der Vorfahre von Rex hätte sich in einer Fernsehserie sicher beliebt gemacht. Aber vor mehr als 100 Jahren war ein solches Ansinnen reinste Utopie. Nur die Leser eines gewissen Jules Verne oder die der zwischen 1908 und 1912 auch von den Pieschner Jugendlichen gern gekauften Science-Fiction-Heftromanserie „Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff“ hatten eine gewisse Ahnung von diesem neuen Medium.
Der hier in dieser Geschichte erwähnte, frisch ausgebildete Polizeihund Trick von Trachau lebte 1913 in der 19. Bezirkswache der Dresdner Polizei und hatte am 14. Januar 1913 seine erste große Bewährungsprobe.
Der lange Weg nach Hause
Am frühen Abend dieses Tages zur sechsten Stunde, als bereits die kalte, klare Halbmondnacht die Herrschaft übernommen hatte, fuhren auf der holprigen Landstraße, von Boxdorf kommend, der Händler Franz Ernst Fischer mit seinem Kutscher Robert Mücke der Heimat auf der Großenhainer Straße 71, unweit der Einfahrt zur Riesaer Straße, entgegen.
Die erste Lieferung des neuen Jahres war versandt und nun freuten sich beide auf ein schönes Bier in der warmen Stube des Gasthofes „Zum Wilden Mann“. Dabei schmunzelte Fischer vor sich hin. Ihn amüsierte die Geschäftstüchtigkeit des Inhabers Gustav Emil Weber. Der verbreitete doch, ohne rot zu werden, die Mär, dass nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 ein kleines Stück Land vom Kurfürsten Johann Georg einem Mann geschenkt worden sei. Es war der Dank für die Rettung Seiner Hoheit aus den Klauen eines räuberischen Gesindels. Ob wahr oder nicht, jedenfalls huldigte Gustav Emil Weber damit nicht nur dem Zeitgeist, sondern auch seiner Brieftasche. Fischer störte sich nicht daran. Schließlich kehrte er gern dort ein.
Eingemummelt trotzten die beiden auf dem Kutschbock vor sich hindösend der Kälte und das Pferd trottete gemächlich den Steilhang zum Elbtal hinunter. Zwei Petroleumlampen erleuchteten neben dem Halbmond die Stille der Nacht.
Das Unglück
Auf halbem Weg zwischen den Gasthöfen „Zur Baumwiese“ und dem „Wilden Mann“ war es um die entspannte Fahrt geschehen. Plötzlich brach eine Wildschweinhorde, von rechts kommend, aus dem Wald und querte die Landstraße. Der Gaul schreckte auf, stieg hoch und preschte angsterfüllt in Richtung Trachenberge. Robert Mücke wusste zunächst nicht, wie ihm geschah und konnte das Pferd nicht mehr zügeln. Händler und Kutscher sprangen vom Wagen und retteten so ihr Leben. Das führerlose Halbblut zerrte den Wagen hinter sich her und preschte nach rechts in einen Waldweg hinein. Dabei riss sich das Pferd vom Wagen los. Dieser krachte gegen eine Buche und blieb mit gebrochener Vorderdeichsel liegen. Das Ross stob in seiner Angst in Richtung Radebeul davon.
Nachdem sich Fischer und Mücke von ihrem Schrecken ein wenig erholt hatten, machten sie sich auf die Suche nach Pferd und Wagen. Letzteren fanden sie, jedoch keine Spur ihres Pferds. In der elften Stunde brachen sie erschöpft die Suche ab und kehrten zu Fuß nach Hause zurück.
Der große Auftritt von Trick
Am anderen Morgen benachrichtigte der Händler die Polizei und die sandte Gendarm Roll aus der 19. Polizeiwache mit seiner Spürnase Trick von Trachau in den ersten Wintereinsatz. Ausgehend von der Unfallstelle nahm Trick die Witterung auf und durchlief den Forst oberhalb von Trachenberge. Laut bellend gab er Erfolg. Die Suchmannschaft fand den Gaul. In seiner wilden nächtlichen Angstjagd hat er sich mit Zugstränge, Halsriemen und Fahrleinen im Untergeäst eines Baumes derart verheddert, dass er aus eigenem Ermessen nicht mehr freikam. Wie die Dresdner Nachrichten in der Abendausgabe am 22. Januar 1913 schrieben, hatte das Pferd zum Glück nur eine unbedeutende Wunde am rechten Vorderhuf. Die nächtliche Kälte hatte ihm auch nichts ausgemacht.
Polizeihund Trick bekam einen extra fleischigen Knochen von Händler Fischer spendiert und Gendarm Roll ein schriftliches Lob vom Polizeipräsidenten mit besonderer Erwähnung in der Zeitung. Das Abenteuer von Fischer und Mücke selbst war noch lange Gesprächsstoff in den Trachenberger Kneipen und brachte den beiden das eine und andere spendierte Bier und Schnäpschen ein.
Der Dresdner Schriftsteller und Journalist Heinz Kulb durchstöbert für seine Geschichten mit Vorliebe die Zeitungsarchive in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek.
2 thoughts on “Das ist noch mal gut gegangen – Polizeihund Trick rettet Pferd”
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Vielen herzlichen Dank für diese herzerwärmende Geschichte.
Ich kann mich an solchen historischen Überlieferungen, auch wenn sie manchmal etwas ausgeschmückt wurden, sehr erfreuen.
Der gesamten Redaktion und allen Freunden von Pieschen-Aktuell
wünsche ich ein gesundes neues Jahr.
Dem kann ich mich anschließen. Ich lese die Geschichten sehr gerne. Vielen Dank Herr Kulb