Was macht eigentlich…? Jessica Petrenz vom Jess Pub? Vergangene Woche hat sie gemeinsam mit Ricarda Hintersatz die Redaktion von Pieschen Aktuell besucht. Beide haben erzählt, wie es ihnen seit dem 16. März 2020 ergangen ist. Das war der Tag, an dem der kleine Pub in der Oschatzer Straße zum letzten Mal geöffnet war. Dabei steht Jess für den Namen der Inhaberin, mit dem …ess aber auch für gutes Essen. Pub zielt weniger auf Irish Pub, als vielmehr auf „public house“, also einen Ort der Begegnung und Zusammenkunft. Erinnert werden sollte aber auch an den Vorgänger in den Räumen, den Camels Pub.
Das hatte uns Jessica Petrenz im Sommer 2016 kurz nach der Eröffnung erzählt. Der Gastraum mit seinen 25 Plätzen und der überdachte Sommergarten mit 60 Plätzen waren in den letzten Jahren immer mehr zu einem kleinen Wohnzimmer für ehemalige und neue Gäste geworden. Der Pieschener Kneipenkarneval nahm hier seinen Anfang.
„Das Jahr 2020 sollte unser bestes Jahr werden. Wir waren durchgebucht bis in den Februar 2021“, erzählt die 36-Jährige. Jugendweihe, Ostern, Schuleinführung, Grillfest, Jazztage und Pläne mit dem Karnevalsverein sprachen für beste Aussichten. Was statt dessen folgte, war die Fragen „Wofür bin ich jetzt da?“ Was sollen wir jetzt machen? Das Lager war voll und der Laden war zu. Für die Umsetzung der geforderten Hygienekonzepte war der Jess Pub zu klein.
„Ende Juli haben wir endgültig die Segel gestrichen“, meint Ricarda leise. Sie ist ein Jahr älter als Jessica und lebt für die Gastronomie. Beide Frauen kennen sich aus ihrer gemeinsamen Arbeit. „Sowas wie Ricarda gibt es nicht oft. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden“, sagt Jessica über ihre Angestellte.
Zusammen haben sie nach Alternativen gesucht. „Im ersten Lockdown haben wir jeden Job gemacht, den wir kriegen konnten.“ Zum Beispiel bei einer Sicherheitsfirma. Da haben die beiden Frauen Kundenströme dirigiert und die Einhaltung von Hygienevorschriften vor und in den Einkaufsmärkten kontrolliert. „Wir wurden beschimpft, angespuckt, mit dem Einkaufswagen umgefahren“, erinnert sich Ricarda. Man habe ständig das Gefühl gehabt, dass die Leute jemanden suchen, an dem sie ihren Frust auslassen können. „Aber“, so fügt sie hinzu, „hier und da wurden wir auch gelobt und bekamen sogar mal eine Schokolade geschenkt“. Der Job war hart. „16 Stunden in der Gastronomie zu arbeiten, hat mir nichts ausgemacht. Aber nach 8 Stunden vor dem Einkaufsmarkt war ich fertig“. Und so machten sie sich auf die Suche nach anderen Aufgaben.
Einen neuen Job fanden sie bei der IPS Ihre Pflege Sachsen GmbH. Jetzt sind sie ihrer Berufung etwas näher und kochen in einer Einrichtung in Freital für die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner von knapp 60 Appartements. „Das macht viel Spaß und ich habe hier noch einmal viel dazu gelernt“, erzählt Jessica. Sie hat schon als Zehnjährige im Familienbetrieb dem Vater in der Gaststätte geholfen und später Restaurant – und Hotelfachfrau gelernt. Gemeinsam mit Ricarda wollen sie jetzt mit den Bewohnern ein Gala-Essen veranstalten – mit eingedeckter Tafel, Drei-Gang-Menü und schick angezogen.
In ihrer Freizeit planen die beiden weiter an ihrer Zukunft. Der Anker dafür ist die 2019 von Jessica gegründete Firma P&S Catering. Die Werbung dafür klebt noch an der Schaufenstern in der Oschatzer Straße. P&S – das stehe für „persönlich und speziell“. Am Messering haben sie neue Räume gefunden und richten dort eine Küche ein. Wenn alles läuft, sei hier eine kleine Kantine geplant. „Wir konzentrieren uns jetzt auf das Catering. Das Jess Pub haben wir seit unserem letzten Tag im Juli nicht mehr betreten.“
Dennoch wollen sie den Pieschenern weiter verbunden bleiben. Gemeinsam mit dem Karnevalsklub suchen sie eine neue Kneipen-Heimat. Und zum Stadtteilfest Sankt Pieschen wollen sie auf jeden Fall gastronomisch aktiv werden. „Vielleicht mit einer großen Live-Paella“, meint Jessica. Einen Kooperationspartner dafür werde man sicher finden. Ricarda und Jessica sind sich einig. „Pieschen bleibt unsere Heimat.“
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