Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall auf Polen der 2. Weltkrieg. Er endete im Mai 1945. Der Antikriegstag erinnert auch 81 Jahre danach an die Leiden des Krieges. Die Geschichte des Krankenhauses in Trachau ist eng mit den Kriegsfolgen verbunden.
Vor gut zwei Jahrzehnten hatten die Stadtteilhistoriker Horst R. Rein (1936-2006) und Klaus Brendler in einer sechzig Seiten starken Broschüre die Ergebnisse ihrer mehrjährigen Recherche zum „Werden und Wachsen des Krankenhauses Dresden-Neustadt“ niedergeschrieben. Der folgende Beitrag nutzt diese Recherchen.
„Am Anfang des Krankenhauses Dresden-Neustadt…“, so konstatieren Rein und Brendler, „steht […] das Ende der schlimmsten Kriegskatastrophe, die sich auf deutschem Boden je zugetragen hat.“ Und weiter: „Mit den Leiden und Belastungen der fünfeinhalb Kriegsjahre addieren sich die Verluste des Februar 1945 zu einer niederschmetternden Bilanz. […] Zeit ist nicht zu verlieren, denn in die zerstörte Stadt, den wichtigen sächsischen Verkehrsknotenpunkt, strömen unübersehbare Menschenkolonnen, Strandgut des verlorenen Krieges.“
Eine Stadtverwaltung der ersten Stunde muss sich den schier übermenschlichen Problemen stellen. Sie konstituiert sich am 12. Mai 1945 und besteht aus drei Bürgermeistern sowie fünf Stadträten. Oberbürgermeister ist der Sozialdemokrat Dr. Rudolf Friedrichs (1892–1947). Zum Stadtrat für Gesundheitswesen wird der Sozialmediziner Dr. med. Eduard Alois Grube (1896-1967) ernannt.
Als das Dezernat Gesundheitswesen am 15. Mai 1945 seine Arbeit aufnahm, war zur Bekämpfung der Seuchen, für die Pflege der Kranken, für die Aufrichtung der Gesunden fast nichts mehr da. Es standen noch 1.670 Betten zur Verfügung. Es gab kaum noch Medikamente, kein Wasser, kein Gas und Licht.
Züge von Flüchtlingen kamen von allen Seiten. „Sie drohten den Rest an Lebensmitteln zu verbrauchen und die Stadt dem Verhungern auszuliefern. Sie brachten aber auch von den Landstraßen Ungeziefer und Krankheiten mit. Zehntausende von Flüchtlingen mussten untergebracht, untersucht, entlaust und die Kranken von ihnen in Notkrankenhäusern gepflegt werden“, beschreibt Grube im Amtlichen Nachrichtenblatt des Rates der Stadt vom 22. November 1945 die dramatische Situation.
Im Sommer 1945 bricht eine Typhusepidemie aus. Ausgangspunkt ist die Durchgangsstelle für Flüchtlingstransporte im Bereich des Bahnhofs Friedrichstadt. Das betroffene Gebiet muss zeitweilig abgesperrt werden.[…] Die Epidemie erreicht im August 1945 mit 70 Erkrankungen pro Woche ihren Höhepunkt. Die sowjetische Militärverwaltung greift mit Ärzten und im Sanitätspersonal ein, stellt Desinfektionsmittel und Impfstoff zur Verfügung, befiehlt die durchgängige Impfung der deutschen Bevölkerung gegen Bauch- und Paratyphus. So gelingt es, die Epidemie einzudämmen. Doch ab Oktober 1945 steigt die Zahl der Tuberkulosefälle erheblich an. Erkrankungen an Diphterie, insbesondere auch unter Erwachsenen, verlaufen vielfach tödlich.
Im Bericht zum „Wiederaufbauzustand des Gesundheitswesens der Stadt Dresden“ schreibt Eduard Grube Anfang 1946, dass die „…Bedrohung mit Seuchen besonders durch die starke Wanderbewegung (Umsiedler und entlassene Kriegsgefangene), die sich in Dresden, einem Hauptverkehrspunkt an der Ostgrenze, bemerkbar macht, groß ist und zur Zeit noch andauert.[…] Am bedrohlichsten ist z. Zt. die Lage hinsichtlich des Fleckfiebers. […] Seit 22. November 1945 wurden in Dresden 59 sichere Erkrankungsfälle nachgewiesen, 16 Todesfälle traten auf, 32 der Erkrankten waren Ortsfremde oder Soldaten, die aus Kriegsgefangenschaft kamen.“
Zu den Schwerpunktaufgaben bei der Seuchenbekämpfung gehörten auch die Errichtung eines Seuchenkrankenhauses mit Isolierstationen und die Bereitstellung von mindestens 1.500 Betten für Infektionskranke. In der Ratssitzung am 4. September 1945 regte Dr. med. Eduard Grube an, das nur zur Hälfte belegte und 1928 fertiggestellte Güntzheim auf der Industriestraße in Dresden-Trachau zur Konzentration der Seuchenkranken dem Gesundheitswesen zuzuweisen und empfahl die Einrichtung als Infektionskrankenhaus. So wurde auch verfahren.
Nach Rückgang der Seuchengefahr wurde im Frühjahr 1948 mit der schrittweisen Umwandlung des Infektionskrankenhauses in eine Klinik, das Städtischen Krankenhaus Dresden-Neustadt, begonnen. Es ist heute einer der vier Standorte des Städtischen Klinikums Dresden.
Ein Kommentar zu “Brendler’s Geschichten: Das Jahr des schweren Anfangs nach dem 2. Weltkrieg”
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Interessant wie immer:-)
Danke dafür, Herr Brendler
Der Paul