„Michael, wir brauchen Sand“ – 50 Kinder bringen Leben in die Kulturwerkschule

Vier Wochen nach dem Start der Kulturwerkschule Dresden ist fast schon Alltag eingezogen. Die fünfzig Kinder haben das alte Schulgebäude und das Areal ringsum in Besitz genommen. Zwei Jungen kommen gerade zielstrebig angelaufen, beherrschen sich aber und platzen nicht in das Gespräch. Als Michael Hecht, einer der Schulgründer, sie dann anschaut, erklären sie: „Michael, wir brauchen Sand. Wir wollen dahinten eine Delle in der Erde ausgleichen“. Wieviel? Ein Eimer oder zwei Schubkarren voll? Das müssen die beiden nochmal überprüfen. Michael? „Ja“, antwortet er, „bei uns werden alle Lehrerinnen und Lehrer von den Kindern geduzt und mit Vornamen angesprochen. Das gilt aber nicht für die Eltern“, erklärt er.

Selbst gebastelte Namensschilder zieren die Blechspinde. Foto: W. Schenk

Im Sommer hatte das Team um Michael Hecht den ersten und wichtigsten Schritt auf dem Weg zur Gründung einer Stadtteilschule im Stadtbezirk Pieschen geschafft. Das Landesamt für Schule und Bildung (LASUB) erteilte die Genehmigung für den Start der Grundschule und der Oberschule. Weil es in Pieschen an der Leipziger Straße 240 zwar einen künftigen Standort, aber noch keinen Schulbau gibt, lernen die Kinder in der Luboldtstraße 15 im Stadtteil Weißer Hirsch. Dort hatte die Stadt ein ehemaliges Schulgebäude mit kleiner Turnhalle zur Miete angeboten.

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„Es ist immer noch wahnsinnig viel zu tun, vieles auch noch gleichzeitig“, erzählt Michael Hecht. Aber es sei Stress der angenehmen Art. Das Lehrerteam hat viele schöne Momente in den ersten vier Wochen erlebt. Zum Beispiel, wenn sich 50 Kinder an einer langen Tafel im Hof zum Essen versammeln. Die Fünftklässler hatten das Essen vom Caterer „Grünes Wunder“ mit eigenen Beiträgen ergänzt – gebacken, Speisekarten geschrieben, Tischschmuck gebastelt. Im Werkraum haben sich die Kinder individuelle Namenschilder für die tristen Blechspinde angefertigt. Bei unserem Rundgang basteln mehrere Mädchen an einem Werktisch. „Das wird ein Strand mit Liegen, Strandkörben und einem Kiosk“, schaut eine von ihnen kurz hoch. Material dafür finden sie in Kisten, die an der Wand stehen. Schraubstock und Werkzeuge werden wie selbstverständlich benutzt.

Ein Strand mit Kiosk – im Werkraum ist Fantasie angesagt. Foto: W. Schenk

Von den 25 Kindern in der Grundstufe sind die Hälfte Erstklässler, die andere Hälfte Zweit- oder Drittklässler. Im Unterricht gibt es gemeinsame Themen für alle und spezifische Aufgaben, passend zum Alter. An der Wand in der 5. Klasse hängt ein Poster, das am ersten Schultag entstanden ist. Die Kinder haben aufgezählt, was sie interessiert und was sie in der Schule lernen möchten: Höhlen erforschen, mit dem U-Boot tauchen, Busfahrer werden, Magnetismus, 20 Kugeln Eis essen, Hypnotisieren, Biologie, Indisch, eine fünfstöckige Torte backen – das Spektrum ist wirklich breit und hier und da sicher auch eine Herausforderung für das Lehrerteam.

Ilias will Biologe werden. „Wie mein Vater“, sagt er sehr bestimmt. Auch Chemie und Programmieren interessieren ihn. Er fährt jeden Tag mit den Linien 7 und 11 aus Klotzsche auf den Weißen Hirsch. Conrad, „mit C bitte“, kommt aus dem Hechtviertel. Ihn interessieren zum Beispiel Elektronik und Legobausteine. Er kommt mit dem Bus und der Straßenbahn. Und wie ist das mit der langen Anfahrt? „Das ist für uns überhaupt kein Problem“, sagen beide. Weil die Schule erst um 8.30 Uhr beginnt, müssen sie nicht mal früher als sonst aufstehen. 75 Prozent der Kinder kommen aus dem Stadtbezirk Pieschen, die anderen aus allen Stadtteilen, sagt Hecht.

Schürze muss sein: Hortleiter Sascha Förster macht heute die Krankheitsvertretung in der Küche. Foto: W. Schenk

Auch Juliane Keuche, ihre Tochter besucht die Grundschule, sieht die Entfernung aus Pieschen bis zum Weißen Hirsch entspannt. „Meine Tochter war das Straßenbahnfahren schon gewohnt“. Mit den Kindern einer Freundin habe sich eine kleine Dreiergruppe gebildet, die sich jeden Tag auf den Weg macht. „Manchmal fährt noch jemand von uns mit, oder holt die Kinder ab“, sagt sie. Das habe sich inzwischen gut eingespielt. Auch sie findet es gut, dass die Schule erst um 8.30 Uhr beginnt. Andere Eltern hätten Fahrgemeinschaften mit Autos gebildet.

Idyllisch gelegen: Das Schulquartier in der Luboldtstraße. Foto: W. Schenk

Im Herbst werde sich entscheiden, wie es mit dem Schulstandort weitergeht, erklärt Michael Hecht. Weil in der Luboldtstraße aus Brandschutzgründen nur das Erdgeschoss genutzt werden kann, prüfe man Alternativen. „Wir wollen auf jeden Fall weiter wachsen und im neuen Schuljahr wieder Kinder in der Grundschule und in der Oberschule aufnehmen“, sagt er. Die Termine für die Informationsabende stehen bereits fest, die Anmeldungen werden bis zum 1. Dezember erwartet.

Service:
WAS: Informationsabende an der Kulturwerkschule Dresden
WANN: 9. Oktober und 13. November, jeweils 20 Uhr
WO: Luboldtstraße 15, Turnhalle

mehr Informationen über die Kulturwerkschule und die Anmeldung

 

 

 

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