Menschen, die nach ihrem Beruf fragen, antwortet Julia der Einfachheit halber „Kostümbildnerin“. Das ist eine griffige Bezeichnung, die den meisten etwas sagt. Ihr Schaffen ist tatsächlich vielfältiger – man könnte sagen, Julia Pommer ist hauptberuflich sie selbst.
Julia Pommer ist geborene Hauptstädterin und studierte Modedesign an der Burg Giebichenstein in Halle , bevor sie direkt im Anschluss an ihr Studium nach Dresden kam. „Erst einmal Geld verdienen“, lautete ihr Vorsatz und sie bewarb sich erfolgreich als Kostümbildassistentin am Staatsschauspiel. Eine Arbeit, die enorm viel emotionale und zeitliche Belastbarkeit, Können und Flexibilität erfordert und eine Stufe der Karriereleiter darstellt, wie Julia beschreibt. Mittlerweile arbeitet sie freiberuflich, vor allem für Theaterproduktionen. „Aber“, erklärt Julia, „zu meiner Arbeit und mir gehören auch die umgenähten Hosensäume, das Hochzeitskleid für die Schwester oder ein restauriertes Sofa.“
Bereits während ihres Studiums führte sie ihr Weg immer wieder ans Theater. Praktika am Schlossparktheater und im Deutschen Theater Berlin und in Meiningen („Meine erste Oper!“) weckten bei Julia die Leidenschaft für den Theaterbetrieb. Auch die Mode hatte ihre Anziehungskraft, doch so richtig bekam Julia dort „den Fuß nicht in die Tür“. Bei der ersten fashion design in Dresden stellte sie ihre selbst produzierten Stücke aus, die Interesse erregten. Doch dann kam die Frage nach den Stückzahlen, die sie produzieren könne.
Ein halbes Jahr habe sie neben dem Job an einem komplizierten Schlingen-Pullover gestrickt, erzählt Julia. Um Kleidung dieser Art seriell zu produzieren, benötige man ein ökonomisches Konzept. „Das ist vor allem ein Geschäft. Von Produktion bis Vertrieb ein eigener Beruf und mir fehlt der kaufmännische Antrieb“, sagt Julia lachend. Am Theater dagegen schaffe man Unikate, die in ihren Augen einen Mehrwert für die Gesellschaft haben – wie das Theater selbst. Dabei geht ihre Arbeit je nach Auftrag weit über das bloße Kostüm hinaus. Momentan erarbeitet Julia für das Stück „Genannt Gospodin“, das am 4. Oktober im Societätstheater Premiere feiert, das Bühnen- und Kostümbild – vom Vorhang bis zum Ohrring. „Ich mag Produktionen, bei denen jemand nicht nur meine Hände, sondern auch meinen Kopf und mein Herz haben möchte“, sagt Julia. Bei der Zusammenarbeit mit der guts company, einer in Dresden ansässigen Tanzkompanie, empfand sie ihr Wirken und das Sich-Entwickeln des Stückes und der Choreographie in Zusammenarbeit mit den Tänzerinnen und Tänzern, nicht mehr als bloßes Ausstatten: „Das war Kunst“, sagt sie.
Eine neue Produktion bedeutet für alle Mitwirkenden viele Wochen Vorarbeit und zuletzt, bis zur Premiere, sechs bis acht Wochen Leistung am Stück. Als Kostümbildnerin arbeitet Julia eng mit der Regie zusammen. Die Formen- und Farbensprache der Kostüme spielt eine wesentliche Rolle bei der Charakterisierung einer Figur. Ihre Aufträge führen Julia über die Grenzen Dresdens und Deutschlands hinaus – ein Netzwerk kultureller Kontakte, das sich immer wieder neu befruchtet. Ihr Atelier in der Geh8 ist ebensolch ein Schmelztiegel neuer Einflüsse und Ideen, was Julia sehr zu schätzen weiß.
Julia Pommer schaut aus dem Fenster ihres Ateliers auf der Gehestraße 8. „Als ich hier ankam, hatte ich eine Vision. Ich wollte auf der Freifläche dort hinten Darsteller in meinen Kostümen auf Pferden reiten lassen. Ein gigantisches Schauspiel in dieser Industrie-Steppe, im Galopp, mit weit ausholenden Kleidern und Gesten.“ Jetzt ist die Freifläche hinter Geh8 dem Rohbau des Pieschener Schulcampus gewichen – und ob sie die Finanzierung für solch ein Projekt gestemmt bekommen hätte, dessen ist sie sich ohnehin nicht sicher. Julia lächelt versonnen. Sie sei Idealistin, sagt sie und das müsse man auch sein in ihrem Metier. Es gilt Träume zu haben und andere zu motivieren. Jeden Tag aufs Neue.
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