Johannes Eikerling ist sauer und flucht über die deutsche Bürokratie. Zwar kennt sich der Sanierungsexperte bestens im deutschen Baurecht aus, das Asylbewerberleistungsgesetz, Regelungen der Jugendhilfe oder Formalitäten für anerkannte Flüchtlinge nach SGB II sind für ihn jedoch Neuland. Das erkundet er gerade und erlebt ungeahnte Überraschungen.
Seit kurzem haben Inge und Johannes Eikerling die Patenschaft über Senet* aus Eritrea übernommen. Die junge Frau hat bisher in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in Moritzburg gewohnt. Für die Behörden ist sie seit dem 1. Januar 2017 volljährig. Auf ihrem Meldeformular steht wie bei vielen ihrer Landsleute der 1. Januar als Geburtstag, und bei ihr das Jahr 1999. In Eritrea spielt das Geburtsdatum keine so wichtige Rolle und wird nicht dokumentiert.
Nach deutschem Recht ist Senet nun volljährig. Als Minderjährige wohnte sie in einem Kinderheim und erhielt monatlich 34 Euro Bekleidungshilfe und 50 Euro Taschengeld. Jetzt ist alles anders. Innerhalb kurzer Zeit galten für sie erst die Regeln des Asylbewerberleistungsgesetzes und nach der Anerkennung als Flüchtling samt dreijährigen Aufenthaltsrecht dann das SGB II. Damit ist nun das Jobcenter für sie zuständig. Bis da alles geregelt, Informationen zwischen den Behörden und Versicherungsträgern ausgetauscht sind, kann es dauern.
In dieser Situation ist Familie Eikerling eingesprungen – praktisch als Lotse, der Senet durch die Untiefen der deutschen Bürokratie führt. „Hier passt vieles nicht zusammen“, hat Johannes Eikerling festgestellt. Selbst die Beschaffung eines dringend benötigten Krankenbehandlungsscheins wächst sich zur Odyssee aus. Sprachunterricht und Berufsausbildung müssen organisiert werden. Senet besucht noch eine DAZ-Klasse im Berufsschulzentrum in Radebeul. Das ist im Sommer vorbei, weil dieser Unterricht nicht mehr für Volljährige angeboten wird. Wohnen soll sie in Zeithain, weil dort bereits ihr Bruder ist. In dessen Wohnung sind vier weitere junge Männer untergebracht. An ein getrenntes Zimmer ist nicht zu denken. Die jetzt für die junge Frau zuständigen Ämter sitzen in Riesa oder Meißen. Wenn da das Geld für Fahrscheine fehlt, kann nichts geregelt werden.
„Viele Frust und Leid wird von uns selbst produziert“, schätzt Eikerling. Er stützt sich in seiner Wertung auch auf Gespräche mit Sozialarbeitern und Flüchtlingsinitiativen. Das persönliche Schicksal von Senet geht dabei fast unter. Ihre Mutter und der 14-jährige Bruder leben noch in einem kleinen Dorf in Eritrea. Der Vater wurde im Sudan erschossen. Nach Abschluss der 10. Klasse war Senet aus dem Dorf geflohen. Ihr Weg führte über das Mittelmeer nach Lampedusa. Warum sie dort von einem Balkon gesprungen ist und sich dabei beide Beine gebrochen hat, können Inge und Johannes Eikerling nur vermuten. Sie wollen der jungen Frau jetzt ein wenig Sicherheit und Obhut bieten. Was daraus wird, weiß keiner der Beteiligten.
(* der vollständige Name ist der Redaktion bekannt)
2 Kommentare zu “Pate für einen Flüchtling: Familie Eikerling hilft als Lotse durch die Bürokratie”
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Tolles Engagement – wünsche trotz der Hindernisse viel Erfolg für die junge Frau und ihre Paten!
Cooler Artikel, danke für die Infos!