Ein „mitalterndes Stadthaus“ entsteht derzeit an der Leisniger Straße 55. „In unseren Wohnungen sollen Menschen dauerhaft wohnen können und nicht wegen Alter oder Behinderung ausziehen müssen“, umreißt Kay Herklotz das Konzept. Der Mann mit dem grauen Haarkranz und dem kecken Zöpfchen im Nacken ist Vorstand des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V., der seit Anfang März das schlichte Ziegelgebäude saniert. „Das soll keine reine Senioren- oder Behinderten-WG werden, sondern unser Ziel ist, dass sich Jung und Alt, Gesunde und Kranke austauschen und gegenseitig unterstützen.“ Um dem Inklusionsgedanken gerecht zu werden, entsteht im Erdgeschoss ein Gemeinschaftsraum, in dem sich die Bewohner treffen können. Von dort soll eine Rampe in den Garten führen, der barrierefrei gestaltet wird. Neben dem Gemeinschaftsraum werden ein Gästezimmer für Besucher sowie ein Pflegebad mit großer Badewanne eingebaut.
„Wir haben fast alles rausgerissen“
Damit Treppen kein Hindernis darstellen, fährt künftig ein Lift zwischen Keller und erstem Dachgeschoss. Lediglich die Wohnung direkt unterm Dach wird nicht per Fahrstuhl erreichbar sein. Auf rund 700 Quadratmetern entstehen acht Wohnungen, fast alle mit zwei großen Räumen und einem großen Balkon. „Uns war wichtig, dass die Wohnungen Licht von zwei Seiten haben und dass sie großzügig geschnitten sind, damit sich Rollstuhlfahrer darin problemlos bewegen können“, benennt Herklotz das Ziel. Dafür mussten nahezu alle Innenwände fallen. „Vor der Sanierung gab es auf jeder Etage drei Wohnungen, die waren total verwinkelt und dunkel und auf einfachstem Niveau mit Ofenheizung.“
Die künftigen Hausbewohner werden stattdessen allerlei technische Raffinessen vorfinden, die ihnen das Leben erleichtern: eine automatische und geräuschlose Lüftung, ein Schalter, mit dem man alle Elektrogeräte in der Wohnung auf einmal ausknipsen kann, sowie für Hörgeschädigte Türklingeln mit optischem Signal. In den Küchen werden die Voraussetzungen geschaffen, um Schränke und andere Einbauten unterfahrbar zu gestalten.
Gekauft hat der Verein das Gebäude 2015, anschließend plante das Architekturbüro Tille + Jarsumbeck die Umgestaltung. Die Architekten aus der Dresdner Neustadt haben beispielsweise schon die neue Kita in der Schützenhofstraße errichtet und die Waldorfschule in der Marienallee saniert. Im Frühjahr 2017 schließlich konnten die Bauarbeiter mit der Entkernung des Hauses beginnen. Inzwischen läuft der Rohbau, neue Wände werden hochgezogen, Treppen und Fahrstuhl eingebaut.
Neue Mieter sollen 2018 einziehen
Ende dieses Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, hofft Vereinsvorstand Kay Herklotz. Im kommenden Jahr will der Verein mit der Vermietung beginnen. „Interessenten können sich aber jetzt schon melden“, so Herklotz. Wie hoch die Miete liegen wird, kann er noch nicht genau sagen, schätzt aber auf acht oder 8,50 Euro pro Quadratmeter. Wegen der ausgeklügelten Ausstattung und allgemein hoher Baukosten seien Sozialhilfe-kompatible Mieten nicht drin, sagt er, und schließlich müsse der Verein über die Mieten auch die Baukosten refinanzieren. „Aber wir wollen schauen, wie wir Mieter unterstützen können, die nicht so viel Geld haben“, verspricht er. „Uns um Fördermöglichkeiten zu kümmern, ist schließlich unser tägliches Geschäft als Verein.“
Kontakt zum Verein: Psychosozialer Trägerverein Sachsen
Der Psychosoziale Trägerverein Sachsen berät und betreut psychisch kranke Menschen, bietet verschiedene geschützte Wohnformen, macht Therapieangebote und unterstützt seine Kunden bei der Rückkehr ins Berufsleben. In den Landkreisen Meißen, Bautzen und Görlitz ist er aktiv – und natürlich in Dresden. Hier ist der Verein beispielsweise der einzige Anbieter von ambulanter Pflege für Menschen, die gerade eine akute psychische Krise durchstehen müssen. Wenn also etwa eine Depression oder eine schwere Angststörung so sehr „zuschlagen“, dass sich die Betroffenen nicht mehr aus dem Haus trauen oder sich nicht aufraffen können, kümmern sich Mitarbeiter des Vereins intensiv für vier Monate um die Patienten und ihre Familien, stehen für motivierende Gespräche zur Verfügung und schmieden Pläne für die Zukunft.
Zurück zu den Anfängen in Pieschen
Mit dem Hausprojekt an der Leisniger Straße kehrt der Psychosoziale Trägerverein zu seinen Wurzeln zurück. „Er wurde 1990 hier gleich um die Ecke in der Wurzener Straße gegründet“, weiß Kay Herklotz. „In der damaligen Pieschener Poliklinik gab es engagierte Ärzte für Psychiatrie und mehrere sogenannte Fürsorgerinnen, die sich um psychisch Kranke kümmerten. Als nach der Wende die geschützten Arbeitsplätze in den Betrieben und damit die Betreuung wegfielen, haben die Ärzte und Fürsorgerinnen den Verein gegründet.“
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