Den Friseursalon Wolf auf der Leipziger Straße 148 gibt es schon seit 1939. Manche Stammkunden gehen hier seit 40 Jahren ein und aus. Die Tochter des Gründers steuert den Laden durch die Jahrzehnte – mit Shampoo, Charme und Schere. „Männer schneide ich ja lieber“, sagt Carola Wolf, die jetzt Thomas mit Nachnamen heißt. Die blonde Dame, deren Haarspitzen fallen, lächelt ihr milde im Spiegel entgegen. „Früher“, erzählt Carola, „kostete ein Männerschnitt eine Mark fünfundzwanzig, die Lockenwelle vier Mark vierzig“.
Kein Wunder, dass sich jeder Salon um die Damenwelt riss. Carolas Vater Helmut Wolf wusch aber auch gern den Herren die Köpfe – eine Präferenz, die seine Tochter teilt. Seine Frau Christa lernte Friseurmeister Wolf im Salon kennen. Sie arbeitete dort als Friseuse. Das Laufgitter von Sprößling Carola stand nicht in der Wohnung über dem Geschäft, sondern unten im Salon. „Dort habe ich mit beiden Händen die Wände mit Nivea-Creme verziert“, sagt Carola lachend und zeigt in eine Ecke des Raumes.
Das alte Inventar mit Marmorplatten und Holztischen gibt es nur noch auf Schwarz-Weiß-Fotografien. „Nach der Wende musste alles neu sein“, sagt Carola. „Da sind die Leute nicht mehr in Salons gegangen, die alt aussahen.“ Heute ist das wieder schick und heißt retro. Für die Kunden waren die neuen Preise ein kleiner Schock: von einsfünfundsechzig auf 16 DM. „Aber die Damen haben sich natürlich über die besseren neuen Farben gefreut. Und dass die Dauerwellen nicht mehr so gestunken haben“, erzählt Carola Wolf lachend.
Sie selbst liebt es abwechslungsreich und die Kundin unter ihren Händen pflichtet bei: „Jedes Mal eine andere Farbe.“ Carola zuckt die Schultern. „Was soll ich machen? Man kommt eben auf Ideen, wenn man den ganzen Tag vor dem Spiegel steht.“ Neun Jahre lang führte Carola den Laden allein, seit Juli hat sie sich zur Unterstützung Kollegin Annett an Bord geholt.
Ihre Eltern beknieten die Tochter: Sie solle doch Kosmetikerin lernen! Da lägen die Kunden wenigstens mit ihren Crememasken mit geschlossenen Augen da und könnten nicht auf die Uhr gucken und drängeln. Die Vergeblichkeit ihrer Mühen zeigte sich schnell am entschlossenen Töchterlein. Das handhabte mit sieben Jahren Schere und Föhn wie eine Große. „Da stand ich dann als kleener Knopp mit Haarschneidemaschine.“ Eine echte Friseurstochter eben.
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