„Im Sommer bei Sonnenuntergang hier oben sitzen mit ‘nem kühlen Getränk, das wär’s!“ Sehnsüchtig-zustimmendes Grinsen in allen Gesichtern. „Vielleicht sollten wir den Aufzugschacht noch eine Etage aufstocken“, scherzt einer aus der Runde. Denen da in luftiger Höhe ihre Phantasie durchgeht, sind die Bauherren des Neubaus an der Konkordienstraße 24. Vom „Deckel“ ihres zukünftigen Hauses aus genießen sie die beeindruckende Aussicht über Pieschens Dächer und träumen sich einige Monate in die Zukunft. Im Dezember wollen die ersten Familien einziehen. Wenn der Bau weiter gut läuft.
Das Besondere an dem Haus: Eine Baugemeinschaft errichtet es. Neun Familien und Paare haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ( GbR) zusammengeschlossen, das Grundstück gekauft, einen Architekten beauftragt und lassen nun Baufirmen ihr künftiges Heim hochziehen. Das ist deutlich günstiger als eine fertige Wohnung zu kaufen oder ein Eigenheim zu planen. Während „normale“ Eigentumswohnungen vom Bauträger rund 3.000 Euro pro Quadratmeter kosten, landen die Baugemeinschaftler voraussichtlich bei etwa 2.500 Euro.
Konflikte schweißen zusammen
Doch wer sparen will, braucht einen langen Atem und eine Riesenportion Konflikt- und Kompromissfähigkeit, erklärt Sozialpädagoge Matthias Schwager. Nicole und Ronny Herzog nicken wissend. „Die Abstimmung ist mitunter schwierig und langwierig“, sagt die kaufmännische Angestellte. „Ja, solche Diskussionen sind für jeden sehr emotional – ein Nervenkrieg“, ergänzt Schwager. Schließlich stehe für jede Familie ein Lebenstraum zur Debatte.
Außerdem kannten sich die Beteiligten vorher nicht. Der Kontakt zueinander entstand über den Verein Bauforum Dresden, der Baugemeinschaften helfend unter die Arme greift. Etliche Streitgespräche mussten die frischgebackenen Bauherren führen. Wollen wir klassisch oder mit ökologischen Materialien bauen? Können wir die Mehrkosten stemmen? Sollen wir einen Aufzug einbauen? „Aber am Ende schweißen bewältigte Konflikte die Gruppe zusammen, weil sie klarmachen: Wir meistern auch kommende Probleme“, beschreibt Schwager die gewachsene Gesprächskultur.
Und weil das den 18 Erwachsenen bisher immer gelungen ist, konnten sie am vergangenen Freitag Richtfest feiern – ganz stilecht mit Richtkranz. „Den haben wir aus Ästen und Draht, die wir auf dem Grundstück gefunden haben, selbst gebaut“, erklärt Sandy Helbig stolz. Das Koko24-Grundstück ist mit etwa 1.800 Quadratmetern nämlich riesig. Die große Freifläche war es auch, die bei Vielen für das Bauprojekt in Pieschen sprach. Schließlich brauchen auch die zwölf Kinder Platz zum spielen. Familie Helbig beispielsweise siedelt nach ein paar Jahren Hellerau wieder in Richtung Neustadt und Zentrum über. „Die Stadt zieht uns“, sagt Vater Bernhard. Künftig entfallen die weiten Fahrwege, die Kinder werden viel mehr Auswahl bei ihrer Freizeitgestaltung haben. „Und wir können unsere Wohnung selbst planen.“ Das sieht Nicole Herzog genauso: „Alle wollten etwas Eigenes haben und einen Garten – und das haben wir hier, das ist perfekt.“
Niedrigenergiehaus ermöglicht günstige Kredite
Bei der Gartenfläche kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Ursprünglich wollte die Baugemeinschaft ein Vorderhaus an der Straße und ein weiteres Gebäude drinnen auf dem Grundstück bauen. Weil aber eine große Linde nicht gefällt werden darf und sich nicht genügend Interessenten für das Vorderhaus fanden, entsteht nun bloß das Hinterhaus. Und zwar ganz „altertümlich“ Stein auf Stein, erklärt Nicole Herzog. Besonders hochwertige Ziegel haben die Bauherren ausgesucht: Die enthalten im Inneren schon Dämmstoff, sodass keine Styropor-Außendämmung nötig ist. Und weil künftig mit Erdwärme geheizt wird, bekam der Neubau das Siegel „Niedrigenergiehaus“ und die Bauherren günstige Konditionen bei der Bank.
Nachdem „Koko24“ im März 2015 das Grundstück erworben und anschließend den Bauantrag gestellt hatte, starteten im Herbst 2015 die Bauarbeiten. Der Entwurf für den viergeschossigen Bau mit Flachdach stammt von Eckhard Helfrich vom Dresdner Architekturbüro DD1. Auf jeder der Etagen entstehen zwei Wohnungen á 125 Quadratmeter, die im Dachgeschoss sind mit knapp 100 Quadratmetern etwas kleiner. Auf der Südseite sind die Küchen und Wohnzimmer samt Balkonen angeordnet, Schlaf- und Kinderzimmer zeigen nach Norden. Das Erdgeschoss beherbergt eine Wohnung mit Terrasse sowie Lagerräume, weil das Haus nicht unterkellert ist. Im Treppenhaus ist auch schon ein Aufzugschacht angelegt, doch mit dem Einbau des Fahrstuhls wollen die Baugemeinschaftler noch ein paar Jahre warten. Jetzt steht erst einmal der Innenausbau an, damit bis Ende des Jahres möglichst alles fertig ist. „Unsere Tochter erzählt schon allen, dass sie ihren Geburtstag Ende Dezember in der neuen Wohnung feiern wird“, lacht Nicole Herzog. Auf das Dach kann sie ihre Gäste nicht mehr führen. Aber vielleicht liegt ja im Garten Schnee und es findet sich noch ein Erdhügel zum Rodeln.
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