Thema: Wahlen 2015

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OB-Kandidat Markus Ulbig: Wenn entschieden ist, wird ohne Hintertürchen umgesetzt

Sechs Kandidaten treten am 7. Juni zur Oberbürgermeisterwahl in Dresden an. Die Online-Journale menschen-in-dresden.de und neustadt-geflüster.de haben alle Bewerber zum Interview eingeladen. Den Auftakt macht heute Markus Ulbig. Der CDU-Politiker aus Pirna ist Innenminister und hat bei der Landtagswahl 2014 den Wahlkreis 7 in Dresden-Pieschen als Direktkandidat gewonnen. Wir haben mit ihm im Garten des „Raskolnikoff“ in der Böhmischen Straße in der Neustadt gesessen.

Sie haben das Raskolnikoff vorgeschlagen. Sind Sie hier öfter? Wo trinken Sie sonst noch ein Glas Bier oder Wein?

(Markus Ulbig hat sich eine Apfelschorle bestellt, es ist 15.30 Uhr) Im Raskolnikoff haben wir den Geburtstag von einem meiner Söhne gefeiert. Er wohnt schon länger mit seiner Familie in der Neustadt. Ich gehe auch gern in die Lindenschänke. Da kann man fast immer Bekannte im Biergarten treffen.

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Im Garten vom Raskolnikoff: Markus Ulbig im Gespräch mit Jan Frintert (r.) und Winfried Schenk. Foto: Dehli-News / Frank Dehlis

Wie findet das Ihr Sohn, wenn der Vater mit zwei Dienstkarossen und Personenschützern in der Neustadt vorfährt?

Wir machen das schon so wenig auffällig wie möglich. Meist halten die Autos an einer anderen Stelle und ich laufe.

Acht Jahre Oberbürgermeister in Pirna, jetzt Innenminister und dann wieder Oberbürgermeister – ist das ein Karriereknick?

Wenn es um die Frage geht, soll ich das machen, waren das immer besondere Momente in unserer Ehe. Meine Frau ist in diesen Fragen sehr kritisch. Aber was sie dieses Mal gesagt hat, war: Markus, was Du immer richtig gut gemacht hast, ist der unmittelbare Umgang mit den Menschen in der Stadt. Als Minister hat man diesen engen Kontakt mit den Einwohnern nicht mehr. Das ist alles viel abstrakter.

Dresden hat so viel Potential. Innerhalb der Stadt noch Stadtentwicklung betreiben zu können, das ist eine einmalige Herausforderung. Das ist kein Abstieg. Wissenschaftshauptstadt, Geburtenhauptstadt. Was kann schöner sein, als für eine Stadt verantwortlich zu sein, in die in den nächsten Jahren 50.000 neue Einwohner ziehen wollen.

Ihre Stärke im Umgang mit den Menschen – ist das nur die Einschätzung Ihrer Frau oder sehen Sie das auch so?

Das finde ich selber auch so. Weil es mir große Freude macht.

Sie kennen die Pirnaer gut, inzwischen haben auch die Dresdner bei vielen Gelegenheiten einen Eindruck bei Ihnen hinterlassen. Sie die Dresdner zänkischer als die Pirnaer?

(Ulbig lacht, die Antwort kommt dennoch schnell.) Zumindest gibt es häufiger Widersprüche, sichtbare Auseinandersetzungen. (lacht wieder.) Bei der Autobahn, bei der Waldschlösschenbrücke, beim Elberadweg mit Frau Töberich.

Zur Auseinandersetzung mit Frau Töberich kommen wir noch. Noch mal anders gefragt. Gibt es Unterschiede in der politischen Streitkultur?

Ein bisschen anders ist es schon. Pirna, 2001. Es war eine diffuse Situation in der Stadt, viele wollten gar nicht darüber reden. Aber für mich war die Lage damals eindeutig. Es gab Rechtsextremisten, auch verurteilte. Die konnte man klar zuordnen als ausländerfeindlich und auch als staatsfeindlich. Das unter den Teppich zu kehren, kam nicht in Frage. Ich habe den Kontakt zur Aktion Zivilcourage gesucht. Wir haben zusammen angepackt. Der Unterschied zu Dresden ist der, dass eine genaue Zuordnung hier nicht von Anfang an möglich war. Darum waren die Angebote für Gespräche so wichtig.

Wie war das in Ihrer Dialogbox, mit der Sie in den Stadtteilen unterwegs sind?

Auch da kamen einige sehr gezielt und sehr selbstbewusst. Herr Ulbig, ich bin Pegida-Anhänger. Dann schau ich ihn an, frage, was ihn umtreibt. Manche fangen dann an zu reden, aber manche kommen ganz bewusst, und wollen mir nur noch ihren Ärger vor die Füße kippen. Die wollen keinen Dialog mehr. Und für mich habe ich auch eine Grenze gezogen – wenn es fremdenfeindlich, menschenfeindlich und religionsfeindlich ist, dann will ich auch keinen Dialog mehr.

Ist Pegida noch ein Thema für den kommenden Oberbürgermeister?

Was mich dabei umtreibt ist folgendes. Wenn ich international unterwegs bin und mich mit Unternehmern treffe oder mit Wissenschaftlern, fragen mich die Leute, was da in Dresden los ist. Was ich damit sagen will: Wir brauchen die Internationalität. Das gehört zu Dresden, darum ist die Stadt so gut aufgestellt. Und das müssen wir nicht nur in Punkto Tourismus, sondern auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt international deutlich machen.

Wenn Sie die Wahl gewinnen sollten – was ist ihre erste Amtshandlung?

Ich würde mich sehr schnell mit den Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen zusammensetzen und über die Schwerpunkte der Stadtentwicklung reden. Sachpolitik ist das Maß aller Dinge. Das habe ich in den 17 Jahren, die ich in der Kommunalpolitik unterwegs bin, gelernt. Acht Jahre davon war ich OB in Pirna. Das Zweite ist die Wirtschaftsförderung. Die ist Chefsache.

Wo sehen Sie da Handlungsbedarf?

Seit rund eintausend Tagen hat das Amt für Wirtschaftsförderung keinen Leiter. Ich glaube nicht, dass sich das viele Landeshauptstädte leisten würden. Mit großen Neuansiedlungen hätten wir derzeit Probleme. 24 Hektar stünden dafür zur Verfügung. Das ist nicht viel. Ich plädiere für eine Stadtentwicklungsgesellschaft. Darüber habe ich auch mit der IHK gesprochen. Diese sollte Gewerbeflächen in der Stadt entwickeln. Das muss nicht die Verwaltung tun.

Wirtschaftsförderung muss vieles machen. Die Stadt-Umland-Beziehung gehört dazu, die Förderung der vorhandenen Unternehmen, die Gewerbeflächenentwicklung. Keiner wird die Ansiedlung des Headquarters eines internationalen Großunternehmens versprechen. Wir haben auch in Dresden Unternehmen mit dem Potenzial, richtig groß zu werden.

Als Oberbürgermeister sind Sie Chef von rund 7.000 Beschäftigten. Was muss in der Verwaltung verändert werden, damit ihr mehr Vertrauen entgegengebracht wird?

Ich glaube, es gibt in der Verwaltung eine große Anzahl hochmotivierter Leute. Für Investoren ist es wichtig, dass sie in die Verwaltung und ihre Entscheidungen Vertrauen haben können. Sicher kann man großen Investoren auch einen Lotsen zur Seite stellen.

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Markus Ulbig: Im Raskolnikoff haben wir mit meinem Sohn und Familie Geburtstag gefeiert. Foto: Dehli-News / Frank Dehlis

Im speziellen Fall der Architektin Regine Töberich wollten Sie vermitteln. Dennoch wurde der Elberadweg zum Opfer der Bagger.

Wenn man früher aufeinander zugegangen wäre, hätte diese Eskalation verhindert werden können. Davon bin ich überzeugt. Wenn so viele Ämter und Behörden beteiligt sind, muss der Vorgesetzte auch mal eine Entscheidung treffen.

Wie entsteht denn Planungssicherheit?

Wenn Entscheidungen getroffen wurden, muss man diese auch umsetzen. Dann sollte man keine Hintertürchen suchen, sondern machen. Dafür zu sorgen, ist eine wichtige Aufgabe eines Oberbürgermeisters.

Würde die Königsbrücker Straße in Ihrer Amtszeit fertig gestellt werden?

Ja, auf jeden Fall. Das sind sieben Jahre. Das kann ich mir überhaupt nicht anders vorstellen.

Sie sehen sich als jemand, der die Dinge umsetzt?

Auf jeden Fall.

Kann man bei wichtigen Fragen mit einem Bürgerbegehren für mehr Nachdruck sorgen?

Ich würde das befürworten. Die Königsbrücker Straße und verkaufsoffene Sonntage sind zwei geeignete Beispiele.

Würden Sie zum Thema verkaufsoffene Sonntage als OB aktiv werden? Die vom rot-grün-rot beschlossene Regelung gilt ja nur für 2015.

Das könnte ich mir vorstellen. Aber das Thema eignet sich auch gut für ein Bürgerbegehren. Vielleicht kann man das noch einmal angehen.

Der 25. Jahrestag der Bunten Republik Neustadt steht bevor. Der Platz für Veranstaltungsflächen wird knapp. Was würden Sie tun?

Ich stehe zu der Entscheidung, die die Stadtverwaltung für dieses Jahr getroffen hat. Außerdem soll eine Lösung für 2016 und danach geprüft werden. Ich war auch schon munter bei der BRN dabei. Sie ist ohne Zweifel ein Aushängeschild für die Stadt.

Sie werden auch im Fall eines Wahlsieges in Pirna wohnen bleiben. Was sagen Sie den Dresdnern, die das nicht verstehen?

Das ist ein gewachsenes Thema. Wir haben eine alte Ziegelei gekauft und umgebaut. Dort wohnen wir und meine Frau betreibt dort einen kleinen Kindergarten. Ich fand das es ehrlicher, als in Dresden zum Schein eine kleine Wohnung zu nehmen. Wir wohnen am Stadtrand von Dresden.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gewählt werden?

Das werden wir sehen.

Sie bleiben Minister.

Das wäre eine Option. Über die Mitglieder des Kabinetts entscheidet der Ministerpräsident. Ich bin Minister und habe jetzt Urlaub und kämpfe für meinen Wahlerfolg.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview entstand in Kooperation mit Jan Frintert, neustadt-geflüster. Den Text des Kollegen gibt es hier. Die Fotos macht Frank Dehlis von dehli-news.de

 

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