Thema: Asyl in Dresden

Pieschen vernetzungstreffen

Hilfe für Asylbewerber und Flüchtlinge: Das Netzwerk wächst – aber nicht vernetzt

„Einen Grund, morgens aufzustehen“. Das wäre das wichtigste, was Asylbewerber oder Flüchtlinge brauchen. Ob sie dezentral in einer Wohnung oder in einer Sammelunterkunft untergebracht sind, ist dabei egal. Für Alexander Bigga ist das ein einfaches, aber entscheidendes, Resüme nach den Treffen mit Asylbewerbern, die die Initiative „Willkommen in Löbtau“ organisiert hat. Anja Osiander, einer der Initiatoren von „Pieschen für alle“ sieht das ähnlich. Es gibt lange Phasen, in denen die Flüchtlinge oder Asylbewerber eigentlich Unpersonen seien, sagt sie. „Da muss die Zivilgesellschaft dagegen halten, zum Beispiel mit Deutschkursen und dem Aufzeigen von beruflichen Perspektiven“, fügt sie hinzu. Das wäre ein Betätigungsfeld für die vielen jetzt entstehenden Stadtteilinitiativen zur Flüchtlingshilfe. Flexible Kurszeiten, Selbstlernangebote und Patenschaften erfordern kurze Wege, auch bei der Kommunkation, ist Osiander überzeugt. Das gelte auch für Praktika oder andere Formen, bei denen sich Flüchtlinge in Unternehmen oder Handwerksbetrieben über berufliche Perspektiven informieren könnten.

Netzwerke:

>> Initiative Brücken schaffen (Klotzsche, Hellerau)
>> Pieschen für alle
>> Buntes Radebeul

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weitere Links zu Stadtteilnetzwerken gibt es bei
>> Willkommen in Löbtau

Alexander Bigga, der auch für die Grünen im Ortsbeirat Cotta sitzt, hat mit seiner Initiative schon einige Erfahrungen gesammelt. Praktische Unterstützung ist nötig, aber eben nicht in Form von Plastesäcken voll alter Kleidungsstücke. Dafür gebe es bewährte Sammelstellen, meint er. Wonach gefragt wird, sind zum Beispiel Fahrräder, weil die Nutzung des Nahverkehrs auf Dauer zu teuer für Asylbewerber sei. Dazu gehöre dann auch eine Anleitung für das Reparieren der Räder. Zugang zum Internet sei ein weiteres wichtiges Thema. Zwar hätte viele ein Mobiltelefon, um die Verbindung mit Familie und Verwandten in der Heimat aufrecht zu erhalten, aber für die weit verbreitete Kommunikation über Facebook brauche man eben einen Internetzugang. Neben der Orgaisation der praktischen Hilfe hat die Initiative „Willkommen in Löbtau“ auch Arbeitsgruppen für Öffentlichkeitsarbeit, für Organisation, für Bildungsarbeit und Veranstaltungen.

Nachbarschaft hilft beim Abbau der Schranken

In der Initiative „Pieschen für alle“ wird das Nachbarschaftsthema viel diskutiert. Das wurde auch in einer Bürgersprechstunde bei Grünen-Stadträtin Kati Bischoffberger deutlich. Eigentlich wollte sie mit denen diskutieren, die sich über die Unterbringung von Asylbewerbern beschwert haben. „Ich habe sie eingeladen, aber sie sind nicht gekommen“, sagt Bischoffberger. Die Runde, die in dem kleinen Atelier in der Oschatzer Straße kaum noch Platz fand, zeigte, wie wichtig das Thema Nachbarschaft ist. Fettah Cetin und seine Mitstreiterinnen vom kürzlich gegründeten Dresdner Verein deutsch-kurdische Begegnungen haben sich vorgestellt und wollen Kontakte knüpfen. Der Verein Pro Pieschen hat die Einladung schon angenommen und wird seine nächste Beratung in den Vereinsräumen in der Oschatzer Straße durchführen. Sicher wird dann auch über gemeinsame Aktivitäten zum nächsten Stadtteilfest gesprochen.

Frank Walther, der für die CDU im Ortsbeirat in Pieschen sitzt, ging mit der Überzeugung nach Hause, dass es „vielmehr die emotionale, zwischenmenschliche Seite ist, wo es klemmt“. Asylbewerber, Einwanderer aber auch Ausländer, die schon viele Jahre und Jahrzehnte in Deutschland leben, erfahren im täglichen Umgang Vorurteile, Abneigung bis hin zu Hass und Ablehnung, beschreibt er seine Eindrücke aus der Runde.

Vernetzung der vielen Initiativen fehlt

Inititativen, die sich für Flüchtlinge und Asylbewerber engagieren, gibt es bereits viele in Dresden. Sie sind thematisch orientiert oder organisieren sich in den Stadtteilen. Was fehlt, das beklagt auch Bigga aus Löbtau, sei eine zentrale Plattform für den Informationsaustausch. Und vor allem, so meint er, wäre eine Vermittlungsbörse oder Ehrenamtsbörse wichtig, die schnell einen Kontakt zwischen einem Hilfe-Gesuch und den Ehrenamtlern herstellt. So könnten zum Beispiel kostenlose Internetzugänge oder Sprachkurse aufgelistet werden. Wichtig, so Bigga, sei auf jeden Fall eine regionale Sortierung der Angebote nach Stadtteilen.

Eine solche Plattform wurde schon mehrfach angekündigt. Anfang Dezember trafen sich bei „Welcome to Neustadt“ fast 300 Interessenten in der Scheune. Die Organisatoren Frank Demuth vom Netzwerk Bürger.Courage und Marco Schmidt vom Flüchtlingsrat, betonten schon damals, dass die Vernetzung der vielen Aktivitäten die größte Herausforderung sei und kündigten eine baldige Lösung an – unter dresden-fuer-alle.de. Auch zehn Wochen danach sieht man hier nur eine Baustellenseite. Eric Hattke, Sprecher des Bündnisses, will auch jetzt kein konkretes Datum nennen. „Vielleicht schaffen wir es im März“, sagte er am Rande des Postplatzkonzerts am Montag Abend.

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